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Wildfang, Christoph

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Arnoldshain

Pilgern zum Rimdidim

Pilgern zum Rimdidim

Das Hemd babbt am Körper. Ich nehme den kleinen Rucksack mal andersrum, vor die Brust geschnallt. Mit einem Freund wandere ich durch den Odenwald. Längere Strecken gehen wir schweigend hintereinander. Ein bisschen viel bergauf geht’s für meinen Geschmack. Ich überlege, ob ich was trinken soll, weiß aber nicht, wo ich meine Flasche wieder auffüllen kann. Ob man an den kleinen Quellen, die wir gesehen haben, das Wasser trinken kann? Ich weiß nicht so recht.

Der ökumenische St.Jost – Weg ist eigentlich nicht so lang. Knapp 22 km. Über 7 Stunden sind dafür geplant. Nun gut, wenn man nur läuft. Aber wir pilgern eben. Zu zweit. An den Kirchen, die wir passieren, machen wir halt. Sind alle offen oder zu öffnen, wenn man sich den Schlüssel kurz ausleiht. Höhepunkt ist wohl die alte St.Jost-Kapelle. Die ist aber eigentlich weg, weil abgerissen und da steht jetzt eine Art Kapellen-Schutzhütte. Ich bin dankbar dafür und lege mich einigermaßen erschöpft auf die Sitzbank. Mein Mitwanderer liest vor, was man hier aufgeschrieben hat.

Was Historisches. Ich schaue einem Eichhörnchen zu. Dann schweigen wir wieder. Manchmal teilen wir beim Pilgern dann Geschichten. Andere werden uns mitgeteilt. Die von der Felskuppe „Rimdidim“ zum Beispiel, wo ein Sturm alle Bäume abknickte, so dass man von diesem Fels plötzlich ganz weit rundherum ins Land schauen konnte, im Dialekt der Region also rimdidim in den Odenwald, ringsherum. Der Rimdidim ist nicht wirklich hoch, nur 498 Meter. Mir langts schon. Wir wandern weiter.

Ab und zu teilen wir weitere Geschichten. Nicht die vom St. Jost, den kenne ich nicht. Sondern unsere eigenen Lebensgeschichten. Wir trotten langsam hintereinander oder nebeneinander her, wenn der Weg es zulässt und teilen Leben. Gelungene Momente, die ich gerne erzähle und auch dunkle Lebensabschnitte. Geschichten teilen tut gut. Wir schenken uns gegenseitig unsere Lebensgeschichten, kleine, vielleicht unbedeutende. Aber in diesem Moment kehren sie ins Herz zurück. Dann wandern wir einfach schweigend weiter. Und die Geschichten fließen dann wieder hin und her. Das Hemd babbt am Körper. Ob ich jetzt was trinken sollte? Oder lieber aufsparen? Und dann an der Quelle auffrischen?