hr1 ZUSPRUCH
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Wildfang, Christoph

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Arnoldshain

Lila!

Lila!

„Lila, also „lila“ da vorne am Altar sieht komisch aus. Warum lila, grün wäre doch besser. Alles ist grün im Advent und an Weihnachten: der Kranz, der Tannenbaum und so.“ Ein kleiner Junge steht mit mir in der Kirche und schaut kritisch auf das violette Tuch am Altartisch in der Kirche. Er stemmt die Hände in die Hüften und guckt fragend zu mir hoch. „Violett – kann man auch dazu sagen,“ antworte ich erst mal und der Junge und ich schauen das violettfarbene Tuch an. „Also, warum lila?“  Mein junger Kirchenbesucher lässt nicht locker. Er geht nach vorne, fasst das Tuch an, als ob er es vom Altar ziehen wollte. „Lila ist komisch! Ist das grad modern?“ Wir setzen uns lieber, denn so flott erklärt ist es ja nicht. Violett in der Kirche ist die Farbe der Umkehr, der Buße, der Besinnung. Mein Gast zieht seine Stirn in Falten. Also noch mal etwas besser: Das Violett bedeutet für mich: Im Advent habe ich Zeit für mich.

Ich überlege, wie es für mich Weihnachten werden kann, was ich vorher tun sollte. Ich gehe in mich, nehme mir Zeit. Ich spüre dem nach, wie Gott mich eigentlich gemeint hat. Oft hetze ich durchs Jahr, als ob ich etwas verpasse. Ich will mithalten, was erleben, Erfolge verbuchen. Wenn ich nur so rumhetze, dann wird’s es nie im Leben Advent in mir. Advent, das meint doch, dass ich mich auf die Menschwerdung Gottes in Christus vorbereite. Weihnachten ist doch nicht einfach eine Geburtstagsparty, so fröhlich die sein kann. Damit es Weihnachten werden kann, brauche ich eine längere Vorbereitungszeit, mindestens vier Wochen. Jetzt sind es nur noch 7 Tage. Wo soll ich auf meinem Lebensweg mal eine Pause einlegen, welchen Weg muss ich noch gehen, damit sich in einer Woche weihnachtliche Freude in mir breit macht? Damit Weihnachten viel mehr ist als ein Geschenketausch.

Weihnachten wird das Tuch am Altartisch weiß sein, nun ist es violett. Also: noch habe ich Zeit, mich innerlich vorzubereiten, offen zu werden. Abzulegen, was mich belastet, zu verzeihen, zu vergeben, auf Menschen zugehen. Damit ist das nicht vergesse, hängt das violette Tuch am Altartisch. „Ah so,“ lächelt der junge Kirchengast, „so ist das mit dem Lila!“