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Wildfang, Christoph

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Arnoldshain

Fahnenheiligtum

Fahnenheiligtum

Beim Wandern im Taunus stoße ich am Limes oft auf kleine Kastelle. Das waren geschützte Behausungen für 50 römische Soldaten, vielleicht auch mehr. Nicht so groß wie die Saalburg. Oft war da dann irgendwo ein Handelsweg in der Nähe, und es gab meistens einen belebten Handelsplatz mit römischer Kontrolle. Wenn ich heute an den kniehohen ausgegrabenen und hergerichteten Ruinen stehe, dann fällt oft in der Mitte der kleinen Kastelle im Inneren ein Viereck am Boden auf: das ehemalige Fahnenheiligtum. Dort bewahrten die römischen Soldaten ihre Heereszeichen und Fahnen auf. Sicher sollte das die Soldaten im wahrsten Sinne bei der Fahne halten und motivieren. Ich kann mir so ungefähr vorstellen, wie das wohl aussah und dann den militärischen Drill und Rituale dazu, wie in vielen Armeen der Welt bis heute.

Ich stelle mich in das leere Fahnenheiligtum der Römer und stelle mir vor, wie es den römischen Soldaten hier in der rauen Witterung wohl gefallen hat. Und ich denke an das Wort: Fahnen-Heiligtum.  Was ist mir eigentlich „heilig“? Ich schätze natürlich unsere Bundesfahne schwarz-rot-gold, ich freue mich, wenn ich unsere Hymne höre, grad, wenn unsere Fußballmannschaft danach auch noch gewinnt. Aber vor allem denke ich das christliche Glaubensbekenntnis. Da spreche ich doch: „Ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen“. Und das ist eine andere Idee vom „Heiligen“. Ich bin´s. Ich bin heilig. Geheiligt von Gott, weil geliebt. „Gemeinschaft der Heiligen-:  das sind wir. Alle. Also ich auch. Auch wenn ich sehr wenig heilig wirke. Ich recke mich da in diesem alten römischen Heiligtum im Taunus und stelle mich einen Moment auf die Zehenspitzen. Ich bin also auch heilig gemeint, heilig geschaffen. Ich bin etwas ganz Besonderes, ein richtiger Schatz bei Gott. Das meint „geheiligt“.

Natürlich bin ich kein einsamer Heiliger. Sondern auch die um mich herum. Es heißt ja: Gemeinschaft der Heiligen. Also bin ich auch aufgefordert, die anderen so zu sehen: als von Gott geheiligte Menschen. Das gibt mir doch einen ganz neuen Blick auf meine Mitmenschen: heilig gemeint, heilig erdacht – genau wie ich. Ein gutes starkes Lebensgefühl für uns alle!