Blauer Bock

Vor 25 Jahren gab’s zum letzten Mal den „Blauen Bock“ im Hessenfernsehen. Lia Wöhr als Wirtin, Heinz Schenk und Reno Nonsens als Oberkellner haben in über zweihundert Sendungen Menschen in ganz Deutschland zum Schmunzeln gebracht. Und überall hat man dann gewusst, was ein Bembel ist. Und wie hessisch klingt. Fünfzehn bis zwanzig Millionen Zuschauer haben pro Sendung eingeschaltet. „Kult“ würde man das heute nennen. Was mir dabei gefiel: Nie haben sie im Blauen Bock die Gäste lächerlich gemacht, benutzt oder auf derer Kosten Kalauer abgeliefert. Jeder konnte fröhlich nach Hause fahren.

Heute sieht´s in manchen TV-Shows anders aus, wo es auch mal Schadenfreude gibt und Schenkelklopfen auf Kosten von manchen Mitwirkenden. Wie die dann manchmal zu Hause weiter leben, ist eine Frage. Die Kosten von einem Scherz können hoch sein. In England hat sich die Krankenschwester Jacintha Saldanha umgebracht, möglicherweise, weil sie einem Scherz über die schwangere Catherine, Herzogin von Cambridge, zum Opfer fiel. Sie erkannte einen Trick-Anruf nicht und alle Welt lachte über sie. Natürlich haben das die australischen Macher nicht gewollt. Aber es ist passiert. Auch in unseren Fernsehprogrammen gibt es Formate, in denen Menschen lächerlich gemacht werden. Vorgeführt, gedemütigt. Ähnlich sind die Formate, in denen Menschen hinfallen, sich wehtun, sich überschlagen, besonders Kinder.

Lia Wöhr und Heinz Schenk haben das nicht nötig gehabt. Sie haben Menschen einen geruhsamen, erholsamen Nachmittag oder Abend ohne Schadenfreude geschenkt. Gute, perfekt vorbereitete Schauspieler, denen es wichtig war, dass ihre Gäste glänzen. Denen es wichtig war, auch in kleinen hessischen Orten aufzutreten. Die das Unscheinbare liebevoll gewürdigt haben. Auf jeden Fall hatte das Team das Herz auf dem rechten Fleck. Danke für den Blauen Bock. Danke für den liebevollen Umgang mit dem Unscheinbaren, mit ganz normalen Menschen wie Du und ich…