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Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Frankfurt

60 Schüsse für die Queen und ein Gebet

60 Schüsse für die Queen und ein Gebet

Das ist dann heute der Schlusspunkt der besonderen Feiertage in Groß-Britannien: Ein Festgottesdienst in St. Paul’s Cathedral mit anschließender Kutschenfahrt durch die Londoner Innenstadt und 60 Salutschüssen schließen das 60. Thronjubiläum der englischen Queen Elizabeth The Second ab.

Manche werden erleichtert sein, dass es jetzt vorbei ist. Immerhin ein rundes Drittel der Untertanen Ihrer Majestät findet die Königsherrschaft nicht mehr zeitgemäß. Die Politologin Emily Robinson findet zum Beispiel, dass die Beatles ein viel attraktiveres Symbol für das Land wäre als diese Königsfamilie.

Aber dieses auf vier Tage verlängerte erste Juniwochenende, das haben doch wohl alle genossen. Ein großes Fest mit Girlanden an den Häusern. Überall Bilder der Königin: in den Souvenirläden, auf Tellern und Teppichen, aber auch in einer druckfrischen Sonderausgabe des Neuen Testaments. Denn 60 Jahre Königin – das heißt auch: Elisabeth ist seit 60 Jahren das weltliche Oberhaupt der anglikanischen Kirche. Für uns mag das, knapp hundert Jahre nach Kaiser Wilhelm und dem Ende der deutschen Monarchie, eine merkwürdige Vermischung von Thron und Altar sein. Keine unserer Kirchen heißt „Kirche von Deutschland“ und das Bild des Bundespräsidenten hängt weder in einer Kapelle noch in einem Dom. In der anglikanischen Church of England dagegen ist das normal.

Normal ist offensichtlich auch, dass die Königin die Kirche veranlasst hatte, ein neues Gebet für sie und ihr Jubiläum zu formulieren. Dieses offizielle Gebet zum Thronjubiläum, wie es nachher auch in dem Gedenkgottesdienst in London gesprochen werden wird, hat die anglikanische Kirche bereits vor Wochen auf ihrer Homepage veröffentlicht. Darin heißt es: "Gott, wir danken Dir, dass Du diese Nation, das Königreich und die Territorien mit unserer geliebten und wunderbaren Königin Elisabeth gesegnet hast."

Dieses staatstragende Stück Liturgie, ein Gebet der Kirche, das das eigene Oberhaupt und das ganze System der Monarchie preist, berührt mich eigenartig, zumal bekannt ist, dass sie selbst, Elisabeth die Zweite, dieses Gebet angeordnet hat.

Ich hoffe, dass die Menschen bei dieser Gebetskultur nicht vergessen, dass ihre eigenen, sehr persönlichen Gebete vor Gott um keinen Deut weniger Gewicht haben als dieses in feierliche Sprache gefasste Stück Politik. Und dass auch den einfachen Frauen und Männern ohne politische Ämter und Ehren jemand sagt, dass sie ein Segen für ihr Land sind.