hr1 ZUSPRUCH
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Zöllner, Ute

Eine Sendung von

Evangelische Pfarrerin i.R., Pastoralpsychologin, Kassel

Zeichen

Zeichen

Die Gespräche mit Marc, dem Sohn einer Freundin, bringen mich immer zum Nachdenken. Deswegen unterhalte ich mich gern mit ihm. Marc ist ein etwas unsicherer junger Mann. Manchmal wundere ich mich über seine Sprache. Aber ich spüre aus den manchmal grellen Worten heraus, dass er es ernst meint. Unter den Worten liegen sein Zweifel und seine Sorge.

Neulich haben wir uns über Tattoos und Piercings unterhalten; ich habe ihn nach seiner Meinung gefragt. „Ich habe ja selber keine“, meint er „aber ich finde die richtig gut!“ „Wirklich?“ antworte ich erstaunt. „Finde ich nicht“. „Ich weiß zwar, dass die im Moment angesagt sind, aber gesund kann das nicht sein. Woher weiß ich denn, ob die mir auch in zwanzig Jahren auch noch gefallen?“

„Sehe ich anders“, widerspricht Marc, „ich finde Tattoos klasse. Ich habe zwar keins, aber ich finde sie gut.“ „ Und warum?“ „Naja, man weiß dann, wer man ist. Außerdem kann man nie ganz sicher sein, dass man immer Leben weiß, wer man ist. Dann hilft ein Tattoo. Ich kann es mir nicht selber machen und es ist für immer.“ Etwas trotzig fügt er hinzu: „Außerdem kann ich mit meinem Körper machen, was ich will.“

Ich war sprachlos. Marc meinte dann weiter: „Ich glaube, man muss unterscheiden zwischen Tätowierungen, die gemacht werden, weil sie cool sind, weil man dazugehören möchte oder weil man sich abgrenzen möchte. Aus diesen Gründen machen das auch viele. Und dann gibt es Leute, die machen es, weil das Tattoo `ne richtige Bedeutung hat. Die verbinden was mit dem Tattoo an sich, suchen sich ein besonderes Motiv aus oder lassen sich an eine ganz bestimmte Stelle eins stechen.“

Da fällt mir ein, dass alle Menschen, die getauft wurden, eine Art Tattoo haben. Sie wurden getauft im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes und mit einem Kreuz gesegnet. Brauche ich dann noch ein Tattoo? Marc hat gelacht. Aber wir bleiben im Gespräch. Schließlich wurde er selber ja auch getauft und findet das richtig gut. „Doch, das haben meine Eltern richtig gemacht“, sagt er. Wenn das kein Lob ist!