„Wen habt ihr kennengelernt?“
„Bestimmt habt Ihr in Rom viele interessante Menschen kennengelernt“, sagte mein Neffe, als wir nach gut zwei Monaten zurückkamen. Wir hatten dort eine kleine Wohnung gemietet, und wollten in Rom ganz normal unter den Einheimischen leben. Schon lange vorher hatten wir Italienisch gelernt, wir haben uns kundig gemacht über das Leben in dieser großen Stadt. Und wen haben wir nun kennengelernt in den zwei Monaten?
Wir kamen mit einer jungen Familie ins Gespräch. Und es stellte sich heraus: sie lebten in Sizilien und waren – wie wir selbst auch – zum ersten Mal in Rom.
Wer fremd ist, scheint eher Kontakt zu anderen Fremden zu bekommen als zu Einheimischen.
Wir sind in die deutsche evangelische Gemeinde gegangen. Es war nett, in Rom auch mal unter Deutschen zu sein, aber eigentlich wollten wir in Rom den Kontakt zu echten Römern.
Wir trafen Gabriella, eine italienische Lehrerin – aus Südtirol. Natürlich wollte sie gern mal wieder deutsch sprechen. Wir haben uns verabredet. Zusammen mit ihr und ihrem Mann Giani. Der aber sprach nur Italienisch, deutsch und italienisch ging schließlich munter durcheinander.
Und es wurde ein langer Abend. Am Anfang haben wir über dies und das geredet, über Probleme da wie dort. Aber richtig spannend wurde der Abend, als jeder von sich selbst erzählt hat, von seiner Familie, von seinen Kindern, von dem, was ihm lieb und wichtig ist.
Da entstand mit einem Mal Neugier zum zuhören, als wir verstanden, wie unsere italienischen Nachbarn Arbeit und Arbeitslosigkeit selbst erleben, und wie konkret ihre Sorge um die Zukunft ihrer Kinder ist. Und wir konnten begreifen, warum sie das „für sich brauchen“, wie sie sagen, von Zeit zu Zeit in ihr Heimatdorf zu fahren, in die Abruzzen.
In dem Gespräch mit Gabriella und Giani haben wir etwas erlebt, das wir als Erfahrung mit nach Hause genommen haben. Wo Fremde und Einheimische sich begegnen, da öffnet es Herzen und Türen, wenn jeder von sich selbst redet, von dem, was ihm viel bedeutet und was ihm wichtig ist. Es ist der Schritt nach vorne, wenn Fremde und Einheimische sich zuhören, es ist ein Schritt zu gegenseitigem Respekt