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Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Frankfurt

Dioxinskandal – das eigentliche Problem heißt nicht Dioxin

Dioxinskandal – das eigentliche Problem heißt nicht Dioxin

Es geht natürlich auch um das krebserregende Dioxin. Große Mengen davon sind mit sogenannten Industriefetten in Tierfutter gemischt und zum Teil auch schon verfüttert worden. 150.000 Tonnen verseuchtes Futter! Hühnern und Schweinen wurde es verabreicht, in Eiern und Fleisch hat man die Dioxinbelastung festgestellt. Das ist in der Tat ein Skandal.

Aber das eigentliche Problem sitzt viel tiefer. Das eigentliche Problem ist unser Verhältnis zu den Tieren, zur ganzen Schöpfung. Da bedient man sich, als ginge es ausschließlich um Profit. Aber könnte es nicht sein, dass ich mein Tun und Lassen einmal vor einer ganz anderen Instanz verantworten muss?

Für unsere Kochtöpfe werden Heerscharen von Schweinen und Rindern in hohem Tempo großgezogen. Und in steigendem Maße Geflügel. Jenseits jeder bäuerlichen Idylle hat sich eine industrielle Tierproduktion entwickelt. In Deutschland gibt es rund 27 Millionen Schweine und über 37 Millionen Legehennen, fast alle werden unter solchen Fabrik-Bedingungen gehalten.

Wir stellen uns lieber nicht vor, wie das Leben dieser Tiere aussieht. Wie lange dürfen Mastferkel leben? Werden sie – wie der Tierschutzbund anklagt – immer noch millionenfach ohne Betäubung kastriert? Was müssen diese Tiere fressen? Wie viel Platz hat eine Legehenne? Immer mehr Menschen ahnen, dass sich in den Tierfabriken eine massenhafte Tierquälerei abspielt. Damit Eier und Wurst billig bleiben.

Jetzt also das Gift im Futter, Dioxin in den Tieren. Fast fünftausend Höfe wurden gesperrt. Der erste in Hessen liegt im Kreis Hersfeld-Rotenburg. Und die meist gestellte Frage heißt, wer dafür haftet. Wie heftig werden die wirtschaftlichen Folgen sein? Und wen kann man für den entstandenen Schaden belangen?

Für mich ist das der eigentliche Skandal. Denn es geht doch um viel mehr als Schadensersatz. Es geht um die große Respektlosigkeit, die wir uns im Umgang mit den Tieren angewöhnt haben. Die Tiere werden produziert und benutzt. Dass sie eine Seele haben könnten, einen Charakter, dass sie nicht nur Rohstoff Fleisch, sondern Leben sind, das gilt es wieder neu zu lernen. Den Anfang mache ich beim Einkaufen: was will ich essen, was kommt in die Pfanne, was kann ich mit gutem Gewissen kaufen? Wir Menschen müssen neu Respekt vor den Tieren als Mitgeschöpfen entwickeln. Am Ende ist das auch für uns selbst von Vorteil.