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Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer im Ruhestand, Biebertal

Die Kindergeld-Regulierer

Die Kindergeld-Regulierer

Kinder haben große Träume. Aber manchmal weiß man ganz schnell, dass sie unrealistisch sind. So zum Beispiel bei Céline und Furkan. Beide gehen in die fünfte Klasse einer Berliner Grundschule. Céline träumt davon, einmal Archäologin zu sein. Und Furkan möchte Arzt werden. Aber dort, wo die beiden wohnen, an der Grenze zwischen Kreuzberg und Neukölln, gibt es so gut wie keine Kinder, die einen Schulabschluss erreichen, geschweige denn das Abitur schaffen. Ganz besonders dann nicht, wenn sie, wie die beiden, einen Migrationshintergrund: haben: Célines Eltern kommen aus Afrika. Furkans Mutter ist Türkin. Sie sprechen schlecht deutsch. Sie kennen sich mit dem deutschen Schulsystem nicht aus. Und wissen auch nach Jahren nicht, was ein Elternsprechtag ist und für was er gut sein soll.

Müssen also große Kinderträume Schäume bleiben, je nachdem, wo sie und von wem sie geträumt werden? Haben Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen von vorne herein keine Chance?

Christian Böllhof weigert sich, diese Frage mit einem lapidaren Ja zu beantworten und einfach zur Tagesordnung überzugehen. Böllhof ist Manager und Politikberater und verdient eine Menge Geld. Und – bekommt für seine beiden Kinder jeden Monat Kindergeld. Er sagt. „Wir können unseren Söhnen auch ohne Kindergeld einen guten Start ins Leben verschaffen.“ Und: „Der Staat kann sein Geld intelligenter ausgeben, als ausgerechnet uns zu unterstützen“.

Was macht Böllhoff mit dieser Einsicht? Am Ende des Jahres addiert er die Beträge, die er erhalten hat. Das sind ungefähr viereinhalbtausend Euro. Und die überweist er der „Deutschen-Stiftung-Kindergeld“, die er kürzlich mit drei oder vier Gleichgesinnten zusammen gegründet hat. Er hat ausgerechnet: Wenn alle Familien mit einem Haushaltseinkommen von mehr als 150 000 Euro im Jahr es ihm nachmachen würden, kämen 800 Millionen Euro zusammen. Mit diesem Geld könnte man flächendeckend das machen, was die Stiftung jetzt in Berlin-Neukölln, in der Heimat von Céline und Furkan, begonnen hat. Sie haben Lernpaten für die Kinder gesucht und gefunden. Menschen, die mit ihnen deutsch lernen, die ihnen Nachhilfeunterricht geben und auch die Eltern beraten und begleiten, wo es nötig ist. Damit Kinderträume wahr werden können.

Wo der Staat seine Wohltaten mit der Gießkanne über alle ausschüttet, gibt es einige wenige Kindergeld-Regulierer, die – gegen den Trend – eine kleine Umschichtung von oben nach unten vornehmen. Sie zeigen damit: Es gibt noch solidarische Menschen in unserer Gesellschaft. Sie wagen den Blick auf diejenigen, die am Rande leben. Und sie ziehen ihre ganz persönlichen Konsequenzen aus dem, was sie dort sehen. .