hr1 SONNTAGSGEDANKEN
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Walther, Lukas

Eine Sendung von

Pastoralassistent in der katholischen Pfarrei St. Elisabeth Mainz und Budenheim, Mitarbeiter Kirche im HR

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Was wäre Weihnachten ohne Spiele?

Heute werden wir in der Familie wieder die Bretter, Karten und die Figuren auspacken: Bei uns gehören Weihnachten und Spiele einfach zusammen. Wir spielen alle möglichen Spiele, wenn wir an Weihnachten zusammensitzen.

Warum gehört Spielen zu Weihnachten einfach dazu?

Rommé, Activity oder auch mal Mensch ärgere dich nicht sind Klassiker seit meiner Kindheit. Spiele aber, sind für mich viel mehr als Zeitvertreib: Sie sind qualitative Zeit mit meiner Familie. Spielen, das schweißt zusammen, fordert mich aber auch heraus.

Was verrät mir das Spielen über mich selbst?

Ich merke: wenn ich spiele, zeigt sich, wer ich bin. Manchmal ehrgeizig. Manchmal geduldig. Manchmal einfach nur müde vom vielen Lachen. Im Spiel entstehen bei uns in der Familie an den Feiertagen Gespräche, die sonst nie stattfinden würden. 

Welche Verbindung hat Spielen mit der Weihnachtsbotschaft?

Das Tolle am Spielen ist: Ich kann mich zwischendurch unterhalten. Jeder und jede darf so spielen, wie er oder sie es möchte. Und beim Spielen wird niemand ausgeschlossen, denn es gibt so viele großartige Spiele für Groß und Klein! Vieles von dem, was ich beim Spielen erlebe, passt für mich wunderbar zur Botschaft von Weihnachten. Zum Beispiel eben: Große und Kleine, Erwachsene und Kinder sind auf Augenhöhe unterwegs. Auch Gott kommt ja nicht als Erwachsener auf die Erde. Sondern als Kind. Er macht sich klein und schaut die Welt erst mal aus Kinderaugen an. Ziemlich sicher hat er auch als Kind gespielt, auch wenn in der Bibel nichts dazu steht.

Hat Jesus vielleicht auch gespielt?

Er wurde Kind – und ganz Mensch. Auch als Erwachsener hat er sich auf unser Menschsein eingelassen, mit all dem, was im Spiel und im Leben dazugehört: Erfolge und Misserfolge, Rausgeworfenwerden und Gewinnen. 

Warum beginnt auch Gottes Spiel nicht auf der Schlossallee?

Jesus ist auch nicht im Palast auf die Welt gekommen, wie es manche erwartet hätten. Die Menschen glaubten ja, ein König, ein Befreier kommt. Auch die Sterndeuter haben Jesus zuerst im Palast gesucht. 

Aber Jesus kommt in einem Stall zur Welt, erzählt die Bibel. Für mich passt das auch wieder zu einem Spiel: Monopoly. Auch da starte ich nicht direkt mit einem großen Hotel auf der Schlossallee, sondern muss mit einem kleinen Häuschen vorliebnehmen. Jesus lässt sich auf das Spiel unserer Welt ein und wählt dabei noch schwierige Ausgangsbedingungen

Musik 

Ich finde, das ist ein tröstlicher Gedanke. Gott ist sich nicht zu schade mitzuspielen. Nicht von oben herab, sondern mittendrin. In meiner Freude, meinem Durcheinander, den kleinen und großen „Mensch ärgere dich nicht“-Momenten.

Wie erlebe ich Gottes Mitspielen im Alltag?

Er hat sich damals in Bethlehem auf das Spiel des Lebens eingelassen. Als Kind. Ganz verletzlich. Ganz nah. Ich stelle mir vor, wie Gott sagt: „Ich bin dabei, auch wenn du das Gefühl hast, dass du nur verlierst.“ Dann wird Weihnachten plötzlich ganz lebendig. Nicht nur als Erinnerung, sondern als Zusage: Gott ist kein Zuschauer. Er ist Mitspieler. Und er spielt in meinem Team mit. 

Was lerne ich über Gemeinschaft beim Spielen?

Im Spiel ist das Miteinander entscheidend. Klar, beim Spielen gibt’s auch das Gegeneinander und die Konkurrenz. Aber in vielen Spielen ist gerade auch das Miteinander wichtig, zum Beispiel bei Dorfromantik. Ich liebe diese Mischung bei Siedler von Catan: Ich will alleine gewinnen, muss aber auch mit den anderen handeln. Ohne Teamgeist, ohne Vertrauen, ohne die anderen funktioniert es nicht. So ist es für mich auch im Glauben. Ich erlebe: Wir brauchen einander, um die nächste Runde zu schaffen. Also eine Gemeinschaft, in der ich mich wohl fühle. Um nicht aufzugeben, wenn es mal gerade nicht läuft. 

Warum brauchen Spiel und Leben klare Regeln?

Gemeinschaft trägt – im Spiel wie im Leben. Während ich spiele, lerne ich, mich einzulassen. Auf Regeln, auf Grenzen, auf andere Menschen. Denn jedes Spiel hat seine Struktur. Auch das Leben und unser Miteinander hat seine Regeln. Manchmal nerven sie mich, es könnte manchmal so viel einfacher gehen. Auf der Autobahn ein wenig schneller fahren als erlaubt. Ich will ja auch heimkommen. Und doch merke ich: Regeln schaffen genau den Rahmen, in dem wir fair miteinander umgehen können.

Ich glaube, Gott ist da genauso: Er spielt nicht chaotisch, sondern mit Liebe und klarer Linie. Seine „Regeln“ sind keine Fesseln, sondern ein Gerüst, das Beziehung möglich macht. Vertrauen, Verlässlichkeit, Begegnung.

Wenn ich das so sehe, wird für mich jedes Spiel ein kleines Abbild des Lebens. Ein Übungsfeld, um zu schauen, wie ich mich mit anderen arrangieren kann. 

Kann das Spielen ein Ort der Begegnung mit Gott sein?

Und vielleicht klingt das etwas gewagt, aber: Für mich ist das Spiel sogar ein Ort, wo ich etwas von Gott erkenne: Gott freut sich, wenn ich weiterspiele. Gott hilft mir, wenn ich mich mal verirre. Er sorgt dafür, dass ich zur richtigen Zeit die richtige Unterstützung bekomme. Dass ich nicht nur gegen, sondern auch mit den anderen spielen kann. Und Gott zeigt mir: Gewinnen ist nicht das Wichtigste – sondern, dass ich nicht allein am Tisch sitze.

Gibt es in der Weihnachtsgeschichte ein Spiel des Lebens?

Ich finde: Auch in der Weihnachtsgeschichte geht es ein wenig zu, wie bei einem Mensch ärgere dich nicht Spiel.

Maria und Josef sind auf dem Weg nach Bethlehem. Sie müssen dorthin, wegen der Volkszählung. Und als sie dann kurz vor dem rettenden Häuschen, der Herberge waren, konnten sie doch nicht rein. Wurden sozusagen rausgeschmissen und mussten dann sehen, wo sie bleiben. Wie sie ein Haus finden, wo sie bleiben können.

Ich glaube, dass Gott mich auch wieder ins Spiel zurück holt, wenn ich rausfliege. Dass ich eine zweite Chance mit meinem Leben habe. Und dass diese Chance sogar über mein Leben auf der Erde hinausgeht. Dass der Tod nicht das Ende ist, sondern ein neuer Anfang, bei dem Gott mir wieder eine Chance gibt, ganz bei Ihm zu sein – mit allem, was ich bin und war.

Musik

Darf ich im Spiel des Lebens auch Fehler machen?

Manchmal, wenn ich an den Weihnachtsfeiertagen am Spieltisch sitze, ein bisschen grantig über mein Pech mit den Würfeln, dann würde ich am liebsten alles hinschmeißen! Aber, dann überkommt es mich: Ich lächle. Weil ich spüre: Es geht gar nicht darum, alles richtig zu machen. Es geht darum, dabei zu bleiben, weiterzuspielen, das Leben zu teilen. 

Wie kann ich mit offenem Herzen weiterspielen?

So steckt für mich in dieser Spielerfahrung die Einladung: Ich darf mich auf das Spiel des Lebens einlassen. Soll mit offenen Karten und offenem Herzen spielen – mit meiner Familie und meinen Mitmenschen.

Warum tut mir gemeinsames Spielen an Weihnachten in der Familie so gut?

Das merke ich vor allem an Weihnachten: Wie gut es mir tut, wenn ich mit anderen spiele, in Kontakt bin. Deshalb genieße ich auch diese Spielesessions. Wenn wir alle nach dem Essen noch am Tisch sitzen, lachen und spielen. Die Kinder jubeln, wenn sie gewinnen. Mein Vater meint nach der ersten Runde, er geht auf die Couch. Irgendjemand wirft dann vielleicht doch mal aus Frust die Karten weg. 

Wo wird im Weihnachtslärm etwas Heiliges spürbar?

Aber zwischen all den Regeln, dem Chaos und den Stimmen entsteht etwas. Eine Nähe, eine Vertrautheit, die so nur einmal im Jahr so richtig aufkommt. Ich spüre dann: Da ist etwas Heiliges in diesem Moment. Gemeinsam reden, spielen, Zusammensein. Für mich ist dann auch Gott mitten unter uns. 

Kann ich mich auch über den Sieg der anderen freuen?

In diesem Moment kann ich mich auch über das Glück meiner Mitspieler freuen. Wenn andere etwas schaffen, das für mich gerade nicht möglich ist. Dann kann ich mir vielleicht meine eigenen Fehler auch etwas mehr verzeihen. 

Was zeigt mir das „Spiel des Lebens“ mit Gott an Weihnachten?

An Weihnachten sehe ich dieses Spiel des Lebens gemeinsam mit Gott konkret werden. Ich spüre, was für mein Leben und meinen Glauben wirklich wichtig ist. In der Gemeinschaft beim Feiern, im Gottesdienst und in der Familie. Und ich merke: Ich bin kein Spielstein, keine Schachfigur, die von jemand anderen gelenkt wird. Ich bin frei und kann mir meine eigenen Züge überlegen. Gott bewertet mich nicht nach Punkten oder Spielzügen. Er will mich einfach dabei haben. 

Ist Gottes liebstes „Spiel“, Menschen zusammenzubringen?

Vielleicht ist das sogar sein Lieblingsspiel: Menschen zusammenzubringen, sie füreinander zu öffnen. Gerade an Weihnachten. Weil ich mitten im Lärm dieser Familienrunde spüre: Ich bin nicht allein am Tisch, klar da sitzt meine Familie. Aber da ist mehr. Ich glaube, dass Gott mit am Tisch sitzt.

Was ist das Schönste an Weihnachten?

Vielleicht ist das das Schönste an Weihnachten: zu wissen, dass Gott mit mir mitspielt, mitten im Chaos, mitten im Lachen, mitten im Leben. Gemeinsam mit meiner Familie.