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Fasten als Warten auf Gottes Gegenwart

Dr. Ansgar Wucherpfennig
Ein Beitrag von Dr. Ansgar Wucherpfennig, Jesuitenpater, Professor für Neues Testament an der Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt
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Heute am Aschermittwoch beginnt in den christlichen Kirchen die Fastenzeit. Damit sind die 40 Tage oder sieben Wochen gemeint, in denen sich Christinnen und Christen weltweit auf das Osterfest vorbereiten.

Verzicht auf Nahrung

Ein Freund von mir spricht oft von der „grässlichen Fastenzeit“, weil es dann mit genussvollem Essen und Trinken bis Ostern vorbei ist. Er befolgt sie dann meist etwas missgestimmt aber doch. Es stimmt: Oft wird das Fasten mit dem Verzicht auf Nahrung verbunden, häufig auf Süßigkeiten oder Alkohol. Allerdings zählen die Sonntage nicht zu den 40 Tagen der Fastenzeit. An ihnen ist das Fasten aufgehoben.

Vierzig Tage

In der Bibel kommt die Zeit von vierzig Tagen an mehreren Stellen vor, oft als eine Zeit der Erneuerung und der Vorbereitung einer Begegnung mit Gott. Die Sintflut dauert vierzig Tage (Gen 7,17). So lange verbringt Noah mit seiner Familie und allen Arten von Tieren in der Arche.

In dieser Zeit nimmt Gott mit seiner Schöpfung so etwas wie einen kompletten Reset vor, denn vorher war sie nach der biblischen Erzählung durch Gewalttat und Ungerechtigkeit völlig verdorben. Danach verspricht Gott: Eine solche Sintflut wird es nie wieder geben auf der Erde.

Mose bleibt vierzig Tage lang auf dem Berg Sinai (Ex 34,28). Dort isst er kein Brot und trinkt kein Wasser. Begleitet von Gottes Nähe schreibt er die zehn Worte auf. Oft werden sie „Zehn Gebote“ genannt, aber auf hebräisch heißen sie wörtlich „Worte des Bundes“, oder „zehn Worte“. Es sind Grundregeln für ein menschliches und gerechtes Zusammenleben.

Der Prophet Elija wandert vierzig Tage und vierzig Nächte durch die Wüste bis zum Gottesberg Horeb. Dafür wird er vorher mit frisch gebackenem, dampfendem Brot und reichlich Wasser gestärkt. Am Gottesberg angekommen entdeckt er ein neues Zeichen von Gottes Gegenwart. Gott erscheint nicht mehr, so dass Menschen erschrecken müssen: in felsenzerbrechendem Sturm, Erdbeben oder Feuer. Er zeigt sich in einem sanften, zärtlichen Hauch, den Elija auf der Haut seines Gesichts spürt (1 Kön 19,12). Der jüdische Philosoph Martin Buber übersetzt: Elija erfährt Gott als „eine Stimme verschwebenden Schweigens“.

Prägende Erfahrungen in vierzig Tagen

Vierzig Tage wie in der Fastenzeit sind in der Bibel also eine Zeit, in der Menschen eine besonders prägende Erfahrung mit Gott machen: Einen Neubeginn für Menschen, Tiere und Schöpfung, Regeln für ein gerechtes Zusammenleben in der Gesellschaft oder neue Zeichen von Gottes Gegenwart. Oft, aber nicht immer ist diese Zeit auch mit Fasten verbunden. Es macht die Sinne und den Körper empfänglich für die Begegnung mit Gott.

Die Prophetin Hanna

So erzählt es die Bibel auch vom Fasten einer Frau: Der Prophetin Hanna. Als alte Frau und Witwe verbringt sie Tag für Tag fastend und betend im Tempel. Sie gehört zu denen, die in Jerusalem auf die Erlösung warten. Sie kommt dazu, als die Eltern nach der Geburt Jesu im Tempel Segen für ihren Sohn erbitten (Lk 2,36–38).

Zeichen Gottes in der Fastenzeit

Durch ihr Fasten spürt sie in Jesus die Rettung, auf die sie mit so vielen wartet. Die Prophetin Hanna spricht mich mit ihrem Fasten dieses Jahr besonders an. Mitten in all den bedrückenden und beengenden Nachrichten weltweit will ich zu den Menschen gehören, die auf eine Wende warten, und in dieser Fastenzeit auf Zeichen achten, in denen Gott seine Nähe zeigt.

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