
Fußwaschung
Das Thema „Fußwaschung“ ist mir in einer neuen Miniserie in der ARD begegnet. Fußwaschung, das ist heute am Gründonnerstag das zentrale Motiv in der biblischen Erzählung zu diesem besonderen Tag in der Karwoche. Jesus wäscht seinen Jüngern die Füße – vor dem letzten gemeinsamen Abendmahl. Und das tut er, um ihnen zu zeigen, was seine Liebe bedeutet: Liebe bedeutet genau das: sich runterbeugen, und sich nicht zu scheuen, zum Beispiel vor schmutzigen Füßen.
Fußwaschungen in „Marzahn – mon amour“
In der Miniserie „Marzahn – mon amour“, die in der ARD gezeigt wird, geht es auch um Fußwaschungen. Aber in einem ganz anderen Zusammenhang. Wir treffen Kathi Grabowski, die ist eigentlich Schriftstellerin, nicht besonders erfolgreich. Deshalb muss sie notgedrungen umsatteln.
Sie wird Fußpflegerin in der Beauty Oase in Berlin-Marzahn. Das ist der größte Plattenbau in der Ex-DDR, riesig und ziemlich anonym. Statt Bücher schreiben muss sie jetzt Waschen, Fußnägel schneiden, Hornhaut entfernen, um über die Runden zu kommen. Und das vor allem bei Füßen, die nicht so besonders attraktiv sind, sondern meistens alt, gekrümmt, unansehnlich.
Jeder Mensch verdient Respekt
Eigentlich ist das ja ein Abstieg: Von der Kopfarbeiterin, die kluge Gedanken und Geschichten aufs Papier bringt – zu den Füßen, nach ganz unten. Kathi Grabowski nimmt das offenbar relativ gelassen, mit Humor.
Wahrscheinlich muss sie schon auch einiges runterschlucken. Aber sie begegnet ihren Kunden, meistens ältere, irgendwie ausgemusterte Menschen, ziemlich offen. Und das macht was mit ihnen, nicht nur mit ihren Füßen. Irgendwie spüren sie, ganz ohne großes Getöse, dadurch etwas von ihrer Würde, dem Respekt, den jeder Mensch verdient.
In der biblischen Erzählung von der Fußwaschung sagt Jesus zu seinen Jüngern, nachdem er ihnen die Füße gewaschen hat: Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe. Kathi Grabowski macht mir das vor, ohne große Worte. Und bringt mich ins Nachdenken, heute am Gründonnerstag. Wo kann ich anderen so begegnen, dass sie etwas spüren von ihrer eigenen Würde?