Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Wenn ich weiß, wozu ich was tue, wird's leicht
GettyImages/SDI Productions

Wenn ich weiß, wozu ich was tue, wird's leicht

Ein Beitrag von Dr. Christine Lungershausen, Evangelische Pfarrerin, Eschborn
Beitrag anhören:

Es wird endlich wieder früher hell. Ich brauche Licht, um mich zu motivieren. Denn an Wachheit und Motivation hat es mir in diesem Winter gemangelt. Wo kriege ich die her?

Ein unruhiger Schüler

Ich erinnere mich an eine Erfahrung aus meiner Grundschulzeit, mit einem Mitschüler, er hieß Georg und war wie wir alle sieben Jahre alt. Wir hatten damals eine junge Referendarin, eine Lehrerin in Ausbildung. Immer wieder rief sie verzweifelt: „Georg, nun sei aber auch einmal still!“.

Wenn alle wollten, konnte Georg die Klasse aufmischen

Die Lehrerin scheiterte regelmäßig daran, dass Georg keine Lust hatte, Mathe oder Deutsch zu machen. Er wollte Spaß haben, lustig sein. Auch zeigen, dass er mehr Macht hat als die Referendarin. Solange wir anderen lernen wollten, hatte Georg wenig Einfluss. Aber wenn wir auch so drauf waren wie er und meinten: „Jetzt soll es lustig sein!“, dann war klar, dass es nicht ruhig blieb in der Klasse.

"So, jetzt ist Spaß dran!"

Heute bin ich 34 Jahre älter und ich denke an Georg damals. Manchmal entdecke ich auch in mir so ein Kind, das sagt bei unliebsamen Arbeiten wie Putzen, Protokolle abtippen, auch Arbeitsblätter machen für den Unterricht: „So, jetzt ist Spaß dran! Musik an und aufhören mit allem Doofen!“ So wie Georg damals.

Motivation ist alles

Zum Glück gab es damals in der Grundschulklasse auch die Freundin Christine. Christine hat öfters Georg wieder eingefangen. Zum Beispiel sagte sie zu Georg: „Georg, Du willst doch mein Freund sein, oder? Ich wünsche mir eine riesige Weltkugel. Kannst Du mir die malen?“. Diese kluge Freundin hat geahnt: Georg war nur motiviert, wenn das, was er tun soll, direkt mit ihm zu tun hat: Er wollte ein Freund von Christine sein. Deshalb hat es geklappt, ihn zu beruhigen, wenn sie gesagt hat: „Mal mir bitte eine riesige Weltkugel. Das wünsche ich mir…“.

Wenn etwas meinem inneren Bild entspricht, geht die Arbeit leichter von der Hand

Als Erwachsene weiß ich: Wir können uns nur dann dauerhaft motivieren zu Dingen, die uns nicht viel Spaß machen, wenn sie das berühren, was wir unbedingt sein wollen. Zu anstrengendem Sport gibt es bessere Wege als nur Druck und Disziplin. Ich kriege mich dazu besser, wenn es meinem inneren Bild entspricht: Ich bin beweglich, ich bin jemand, die überwinden kann, was sich mir an Anstrengung in den Weg stellt.

Das hilft mir auch heute. Als Pfarrerin bin ich nun selbst Lehrerin und gebe Religion in der Grundschule. Mir ist wichtig, dass Kinder durch mich erfahren, wie wunderbar ein Moment der Stille sein kann. Und ich möchte mit Menschen herausfinden, wie sie sich behütet fühlen können trotz äußerer Anspannung. Ich glaube, dafür habe ich ein Talent, auch dafür bin ich auf der Welt.

Wenn ich hinter einer Aufgabe stehe, ist die Erledigung einfacher

Wenn ich weiß, wofür ich was mache, fallen mir alltägliche Aufgaben leichter. Auch die Vorbereitungen für den Unterricht, wenn ich gerade das Arbeitsblatt erdenke für meine zweite Klasse Religion.

Schüler motivieren

Ich schreibe an den Anfang: „Wie fühlt sich Stille für Dich an? Male ein Bild und erzähle dann, wie sich Stille anfühlt.“ Ich weiß: Auch die wuseligen Grundschüler erzählen gerne, wie sie sich in der Stille an einen weiten Meeresstrand geträumt haben und durch die schäumende Brandung gesprungen sind. Und dabei etwas von der Tiefe und der Schönheit des Lebens geahnt und empfunden haben.

Nach langer Konzentration braucht man Bewegung

Am Schluss fällt mir wieder Georg ein. Er hatte in einem Recht: nach langer Konzentration brauchen meine Klasse und ich auch eine Pause zum Herumflitzen, Spaß haben oder mit einem lauten Lied.

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren