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Auferstehung zum Hören
Bild: Pixabay/neelam279

Auferstehung zum Hören

Hermann Trusheim
Ein Beitrag von Hermann Trusheim, Evangelischer Schulpfarrer, Hanau
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Da stehen sie. Auf einem Hügel über der Ortschaft. Es ist sehr früh am Morgen, wirklich sehr früh: 6 Uhr am Ostermorgen.

Sie heißen Heinrich und Peter, aber auch Marco, Tessa und Chantal. Namen verschiedener Generationen, in einer Gruppe. Sie haben unterschiedliche Berufe – Handwerker, Schüler und manche haben promoviert. Eine Gruppe aus unterschiedlichen Altersstufen, verschiedenen Herkunftsmilieus. Aber alle verbindet die Musik. Und zwar eine Besondere.

Der Posaunenchor spielt am Ostermorgen

Gleich geht’s los. Gleich wird es laut. Trompeten, Flügelhörner, Posaunen und eine Tuba werden angesetzt. Der Posaunenchor spielt am Ostermorgen.

Vielleicht klingen die ersten Töne noch etwas unaufgewacht – aber dann hört es das ganze Dorf: ‚Christ ist erstanden‘- der Choral, der die Auferstehungsbotschaft zum Hören bringt: Frohe Ostern! Danach gibt’s noch mehr Töne – fröhliche, getragene und moderne. Am Ende in diesem Jahr das Lied ‚Gib Frieden Herr, gib Frieden‘.

Musik ist Verkündigung

Musik ist Verkündigung, so hat es der Kirchenmusiker Wilhelm Ehmann mal gesagt. Über laute und leise Töne, fröhliche und nachdenkliche Musik kommt Glauben zum Ausdruck. Auch ohne Gesangbuch erinnern sich viele an Liedtexte, wenn sie die Musik hören – vom ‚Danke-Lied‘ über ‚Geh‘ aus mein Herz‘ bis hin zu ‚We shall overcome‘, ‚Auf dich Vertraun‘, das Lied des Krichentages 2019, und auch ‚Befiehl du deine Wege.‘

Manches lässt sich kaum in Worten ausdrücken. Aber es findet in der Musik von Bach, Mendelson oder einem einem Ragtime von Scott Joplin zum Ausdruck, der über die Ohren direkt zu Herzen geht.

Mit Musik mehr ausdrücken als mit Worten

Für mich macht Musik Unfassbares erfahrbar, für mich ist Musik eine Möglichkeit, mehr auszudrücken, als mit Worten. Musik lässt mich an den Erfahrungen und Gefühlen anderer teilnehmen, Menschen an anderen Orten und zu anderen Zeiten.

Musik lässt die Osterbotschaft erklingen. Gibt es das - Auferstehung zum Hören?

Der erste Ton, den das Neue Testament zur Auferstehung überliefert, ist ein Schrei des Entsetzens. Ausgestoßen von den Frauen, die das leere Grab vorfinden und nicht an eine Auferstehung glauben können.

Auferstehung bleibt unerklärbar

Auferstehung ist unglaublich im wahrsten Sinn des Wortes. Kein Wunder, dass sie unerklärbar bleibt. Auferstehung versperrt sich menschlicher Erklärung. Das Einzige, was Wissenschaft kann, ist aufzuzeigen, dass Auferstehung unmöglich ist.

Marias Begegnung mit dem Auferstandenen

Das denkt auch Maria, eine Freundin Jesu, als sie das Grab Jesu besucht. Ja, sie findet einen Mann vor, aber sie hält ihn für den Gärtner. Und dann spricht der Mann. Er sagt einfach ihren Namen: ‚Maria‘. Der Klang seiner Stimme lässt in Maria aus Zweifeln eine Hoffnung erwachen – Kann das wahr sein - ist das wirklich Jesus, der am Kreuz gestorben ist, der sie da anspricht? Der Klang von Jesu Stimme hat sie wohl im Innersten berührt, da wo die Trauer Einzug gehalten hat. Was für eine Erlösung, wenn die Trauer jetzt der Freude Platz machen kann. Ganz behutsam geschieht das wohl, dass aus Tränen der Trauer Freudentränen werden – so behutsam, wie Jesus Maria angesprochen hat.

Der Gekreuzigte ist auch der Auferstandene

Die Freunde und Freundinnen Jesu sind die, die wirklich bezeugen können, dass der Mann aus Nazareth, der mit ihnen gelebt hat und dessen Tod sie erleben mussten, dass dieser Jesus nicht im Tod geblieben ist, sondern auferstanden. Sie bezeugen für alle Zeiten, dass der Gekreuzigte auch der Auferstandene ist.

Es braucht Mut, das zu glauben und weiterzusagen. Trotz aller Erfahrung von Leid und Tod auf das Leben bei Gott vertrauen, vor und nach dem Tod.

Schon sehr früh wird die Auferstehung in Liedern zum Hören gebracht

Es ist nicht leicht, die Erfahrung der Auferstehungszeugen und -zeuginnen in Worte zu fassen. Das Neue Testament versucht das mit den Erzählungen vom Ostermorgen und den Tagen danach, die mich den Weg von der Trauer zur Freude miterleben lassen.

Schon sehr früh wird die Auferstehung in Liedern zum Hören gebracht: ‚Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden‘ Das ist eine Liedzeile der ersten Gemeinde, die in das Neue Testament aufgenommen wurde.

Welche Melodie dieses Lied wohl hatte? Fröhlich oder nachdenklich? Wurde dazu Flöte gespielt oder Harfe oder sogar die Trommel geschlagen?

Ich denke mir, es muss ein mitreißendes, fröhliches Lied gewesen sein, sonst wäre es nicht in die Bibel gekommen.

Auferstehung zum Hören und Erleben gibt´s auch heute

Auferstehung zum Hören und Erleben gibt’s für mich nicht nur in der Bibel.

Erfahrung von Auferstehung gibt es auch bei mir: Wider Erwarten habe ich mich mit dem Mann versöhnen können, mit dem ich eine heftige Auseinandersetzung im Straßenverkehr hatte. Das hätte böse ausgehen können. Und dann haben wir uns am Ende die Hand gegeben, statt uns gegenseitig anzuzeigen. Das hatte ich nicht für möglich gehalten: Erst lautes Gebrüll, dann leise, versöhnliche Töne und sogar Lachen. Meine alte Band ist auseinandergebrochen – wir hatten uns musikalisch nichts mehr zu sagen. Jetzt ist eine neue Sängerin da und es gibt neue Töne.

Weitere Beispiele für Auferstehung zum Hören

Und in diesen Tagen ist auch das für mich ein Ausdruck der Auferstehung: Menschen, die nicht dem Kriegsgeschrei das Feld überlassen, sondern Friedenslieder singen.

Es gibt für mich Auferstehung zum Hören, auch jenseits des Gesangbuchs: Werner Reinke hat in HR 1 eine Aktion gestartet – Liedwünsche gegen Spenden für die Ukraine. Der Moderator ist selbst überrascht und begeistert von der Resonanz.
Die Liedwünsche spiegeln für mich auch die Sehnsucht und Hoffnung auf Auferstehung. ‚Peace train‘ von Cat Stevens ist dabei, ‚Give peace a chance‘ von John Lennon und immer wieder wird seine Hymne der Hoffnung gespielt: ‚Imagine‘.

Viele Lieder enthalten den Wunsch: neues Leben trotz des Todes

Gewiss selten Lieder, die einen deutlichen christlichen Hintergrund haben, aber den Gospel ‚We shall overcome‘ habe ich auch schon gehört. Viele der Liedwünsche der HörerInnen bringen für mich die Hoffnung der Auferstehung zum Ausdruck, wie manche auch schreiben: ein Ende von Krieg und Gewalt, neues Leben trotz des Todes. Das ist für mich die Botschaft der Auferstehung.
Auferstehung zum Hören. In Texten und Liedern. In Bibel, Gesangbuch und darüber hinaus. Mir tut es gut, da hinzuhören.
Nach einer guten halben Stunde hat der Posaunenchor die Lieder für den Ostermorgen gespielt. Bei manchen haben sie Erinnerungen geweckt, manchen Trost, manchen Hoffnung gegeben: Auferstehung zum Hören.

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