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Fröhlicher Verzicht
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Fröhlicher Verzicht

Gudrun Olschewski
Ein Beitrag von Gudrun Olschewski, Evangelische Pfarrerin, Pfungstadt

„Schon seit Jahren bin ich mit von der Partie“, sagt Lothar mit Stolz. „Um meinen 50. herum war ich zum ersten Mal dabei und jetzt bin ich schon fast siebzig“. Seit einer Woche macht Lothar wieder mit. Er will die Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern bewusst erleben und nimmt an der Aktion „7 Wochen ohne“ teil, die größte deutsche Fasteninitiative in der evangelischen Kirche.

„Bei unserem Fasten geht es nicht so sehr darum, hart und asketisch gegen sich selber zu sein,“ erzählt Lothar. „Klar haben wir ein bisschen so angefangen: haben verzichtet auf die Tafel Schokolade, das geliebte Glas Rotwein am Abend, das Wiener Schnitzel oder Zigaretten. Manche tun das auch bis heute.

Für mich hat das Fasten jedoch eine neue Qualität bekommen“, sagt Lothar. „Es geht um mehr. „Fasten“ heißt für mich, auch mal auf Dinge zu verzichten, die mein Herz und meinen Verstand auf andere Weise in Beschlag nehmen: Das Auto, zum Beispiel, oder das Fernsehen, das Handy oder das Internet.“

Und dann sprudelt es aus nur so aus Lothar heraus: „Gelegentlich zu testen, ob ich noch über oder schon unter den Dingen stehe, ist mir wichtig. Zu testen, ob ich noch frei bin oder ob Gewohnheiten mich fesseln, ob ich mein Leben beherrsche oder ob mein Leben mich beherrscht. Vieles brauche ich in Wirklichkeit gar nicht. Und wie könnte ich das besser herausfinden als durch Verzicht auf das, was mich am meisten beschäftigt, was mich lockt, reizt und meine Gedanken ausfüllt. Fasten ist für mich das fröhliche Verzichten auf Dinge, die ich mir eigentlich leisten kann“, sagt er schließlich, „nicht um Eindruck zu schinden oder beachtet zu werden, schon gar nicht, um bemitleidet oder gar bedauert zu werden.

Eine Zeit lang zu verzichten, Abstand zu halten, macht mich unabhängig von Zwängen und Gewohnheiten. Am Schluss sagt Lothar: „Ich fühle mich frei und bekomme so einen anderen Blick auf mein Leben.“

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