hr4 ÜBRIGENS
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Müller, Rolf

Ein Sendung von

Pastoralreferent Pfarrei Mariä Himmelfahrt, Frankfurt

Dann spüre ich Wärme

Ich bewundere sie sehr, diese Frau aus meiner Gemeinde mit ihrer so großen inneren Stärke und Glaubenskraft.  Als Geflüchtete ist sie aus Bosnien nach dem jugoslawischen Bürgerkrieg nach Deutschland gekommen und hat es dann mit viel Einsatz und Fleiß hier in Deutschland zu Arbeit, Wohnung und zu einer kleinen Familie gebracht. Leicht hatte sie es in ihrem Leben nie: da waren die ständigen finanziellen Sorgen, das Lernen und Zurechtkommen mit der deutschen Sprache war schwer und dazu war sie ständig Hin- und Hergerissen zwischen ihrem Leben in Frankfurt und ihrer bosnischen Heimat. Und vor einem Jahr ist es besonders schlimm für sie gekommen: Plötzlich und unerwartet ist ihr geliebter Mann und Vater ihrer Kinder an einer schweren Krankheit plötzlich verstorben. 

Da war ganz viel Traurigkeit

Ich erinnere mich noch genau an meinen Besuch bei ihr am Todestag ihres Mannes. Da sind natürlich viele Tränen geflossen, da war selbstverständlich ganz viel Traurigkeit. Aber nicht nur! Ich habe den tiefen Glauben dieser Frau gespürt, besonders, als sie ihren Rosenkranz in die Hand genommen hat. Bevor sie angefangen hat, ihn zu beten, hat sie mir gesagt: „Rolf, immer, wenn ich ihn bete, spüre ich so viel Wärme.“ 

Ich kann sie gut verstehen

Diese Worte haben mich tief berührt. Sie hat mir später erklärt, was sie mit dieser Wärme gemeint hat. Sie denkt an die Wärme, die man spürt, wenn man nicht alleine ist. Sie meint damit die Wärme aller anderen Menschen zu spüren, die mit ihr beten und die Nähe Gottes. Ich kann sie gut verstehen. Ich mag das Rosenkranzgebet auch sehr gerne. Dadurch, dass ich das „Ave Maria“ so oft wiederhole, komme ich auch immer in eine ganz besondere meditative Stimmung. Immer muss ich dabei an die vielen Menschen auf der ganzen Welt denken, die dieses Gebet sprechen; manche sogar jeden Tag. Und so kann ich sehr gut nachempfinden, was die Frau mit der „Wärme“, gemeint hat, die sie beim Gebet spürt. 

In vielen kalten Stunden des Alltags

Das Rosenkranzbeten ist mir seitdem noch wichtiger geworden. In vielen Kirchen finden sogar besondere Rosenkranzandachten statt. Aber die brauche ich nicht unbedingt. Auch wenn ich ihn alleine bete, kann ich sie spüren: die Nähe mit anderen Menschen und mit Gott -  eine Wärme, die ich in vielen kalten Stunden des Alltags gut gebrauchen kann.