Bloß keine Durchhalteparolen!
Es gibt für mich nichts Schlimmeres als Durchhalteparolen! Da stehen Menschen in einer schwierigen Lebenssituation, und dann kommen solche Sätze. Jemand hat eine schlimme Krankheitsdiagnose bekommen. Die Behandlung wird sehr kompliziert werden, mit Operation und Chemotherapie. Und dann bekommt der Mensch den Satz zu hören: „Es wird alles wieder gut.“ Oder jemand steht am Sterbebett eines Menschen, den er liebt, ist völlig fassungslos – und dann kommt dieser Satz: „Du musst jetzt ganz stark sein!“
"Ich sehe keinen Ausweg, habe keine Kraft mehr"
Ich find solche Durchhalteparolen in heftigen Situationen wirklich daneben. Viel wichtiger als Durchhalten ist: Aushalten, dass da Menschen Angst und Wut empfinden. Dass ihnen nach Schimpfen und Klagen zumute ist – auch vor Gott.
Als Seelsorger nehme ich mir den Mut, das auszusprechen. Da staunen Menschen, wenn ich das sogar in ein Gebet packe: „Gott, ich bin sprachlos und ratlos. Ich sehe keinen Ausweg, habe keine Kraft mehr.“ So oder ähnlich bete ich dann mit den Menschen. Und oft erlebe ich, wie sich damit ein Weg auftut, der weiterhilft. Denn: Ich muss mich vor Gott nicht verstellen. Er versteht mich in meiner Situation.
Du bist nicht allein!
Beim Propheten Jesaja im Alten Testament finde ich einen bemerkenswerten Satz: „Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht! Seht, hier ist euer Gott!“ (Jes 34,4) Er sagt das seinen Zeitgenossen, die sich in einer völlig verzweifelten Lage befinden. Und er meint damit: mitten in dieser Situation ist Gott da. Für mich ist ein solcher Satz keine Durchhalteparole, sondern wirkliche Ermutigung. Und da wächst auch die Kraft, diese Lebenssituation anzupacken.
Es gibt Situationen, da muss ich erst wahrnehmen, was gerade passiert ist. Durchhalteparolen helfen nicht weiter. Sondern eher: aushalten, was gerade ist – und zu sagen: Du bist nicht allein! Ich bin für dich da! Und Gott ist für dich da!