hr4 ÜBRIGENS
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Rudolff, Claudia

Eine Sendung von

Rundfunkpfarrerin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Kassel

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Wenn jemand stirbt, bleibt nichts mehr wie es war

Wenn jemand stirbt, bleibt nichts mehr wie es war

Wenn jemand stirbt, bleibt nichts mehr wie es war. Als Jesus am Kreuz stirbt, bricht für seine Jünger und Freunde ihre Welt zusammen.

Jesus war der Mittelpunkt ihres Lebens. Sie fühlten sich von ihm anerkannt und wert geschätzt. Nun ist alles aus - der gemeinsame Weg zu Ende. Die Jünger verlieren nicht nur den Freund, sie verlieren auch viele Hoffnungen. Sie haben erlebt, wie Jesus von der Liebe Gottes erzählte - wie er auf Menschen zuging, mit denen sonst keiner was zu tun haben wollte. Sie waren einfach überzeugt: Durch ihn ist Gott bei uns.

Als klar ist, dass Jesus gekreuzigt wird, fliehen sie. Nicht nur aus Angst, sondern auch weil sie nicht ertragen können wie ihr Freund leidet.

Die Frauen, die Jesus nachfolgen, reagieren anders als die Jünger. Sie trauern ebenso um ihren Freund. Auch ihr Herz ist zerrissen. Aber sie fliehen nicht, sie bleiben. Die Frauen stehen unter dem Kreuz und versuchen, Jesus bis zum Schluss beizustehen.

Manchen Menschen hilft es, einen anderen bis zu seinem Tod zu begleiten. Viele kennen den Schmerz: Abschied von Vater oder Mutter, Oma oder Opa, Ehepartnern oder gar dem eigenen Kind. Jede und jeder von uns reagiert anders.

Die Erzählung vom Karfreitag in Jerusalem macht mir Mut, meinen Schmerz nicht zu verdecken. Ich darf so wie die Jünger fliehen und kopflos sein, weil ich es nicht ertrage oder noch nicht richtig begreifen kann: Warum muss der geliebte Mensch sterben? Ich darf aber auch - wie die Frauen - ganz bei meiner Trauer bleiben. Ich darf weinen. Ich kann bleiben und einfach verharren. All das, was mich beschwert, darf sich äußern.

Das ist die gute Nachricht: Karfreitag gibt Raum unsere Trauer auszuleben. Selbst Jesus hat am Kreuz vor seinem Tod seine Verzweiflung und Ohnmacht hinaus geschrien: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Diese Worte am Karfreitag zeigen mir: Angesichts von Leid und Tod darf ich sogar zweifeln und alles in Frage stellen. Selbst Gott!