Die große Stille im Stall
Je näher sie kommen, desto stiller werden sie. Drei Männer aus Afrika, aus Arabien, der dritte vielleicht aus Europa. Sie hatten lange Wege und treffen sich kurz vor der Ankunft. Sie haben nur ein Ziel: den Stall. Sie kennen den Stall nicht, aber sie kennen den Stern. Der zeigt ihnen den Weg. Und jetzt werden sie still. Das Ziel ist nah. Der Weg war mühsam und staubig. Die drei Männer müssen sich noch säubern. Schmutzig geht man nicht zu Gott. Dann ist es so weit. In ihren Händen sind Geschenke. Die Tür zum Stall ist offen. Sie gehen hinein. Man könnte einen Strohhalm fallen hören, so still ist es. Die drei haben Geschenke für das Kind: Gold dem kleinen König, Weihrauch dem kleinen Gott und Myrrhe als Medizin für den kleinen Menschen. Das geben sie ab. Gekommen sind sie aus einem anderen Grund. Sie wollen auf die Knie. Sie wollen beten. Sie wollen still werden, die Könige Kaspar, Melchior und Balthasar. Ihre Hände sind jetzt leer. Auf Knien flüstern sie einen Lobgesang. Dann wieder Stille. Der einzige Grund ihrer wochenlangen Reise.
Heilig wird man durch stille sitzen, hat einer gesagt (Meister Eckehart, etwa 1260 bis 1328). Das tun die drei Männer. Erst knien sie, dann sitzen sie noch etwas neben dem Kind, bei Maria und Josef. Ihren Lobgesang haben sie gesprochen. Groß bist DU, erhabener Gott; dein ist alles, die sichtbare und die unsichtbare Welt; du machst dich klein, wirst zum Kind. So haben sie gebetet. Deswegen sind sie gekommen. Und nun ist Stille. Keine Aufgeregtheit mehr, kein Hin- und Hergerenne, kein Klappern mit Geschirr. Einfach große Stille, als würde die Welt angehalten. Jetzt kann Gott reden. Jetzt können die drei Männer hören. Alles haben sie aus den Händen gegeben. Nichts hält sie mehr fest. Sie sind bereit für Gott. Heilig wird man durch stille sitzen. Schön ist dieser Gedanke. Das will ich auch, wenigstens versuchen. Immer wieder sagen Menschen, man könne Gott gar nicht hören. Vielleicht bin ich einfach nicht still genug. Andere hören ihn ja. Und sind glücklich, wenn Gott ihnen sagt (Altes Testament, Prophet Jesaja Kapitel 43, Vers 1): Du musst nichts fürchten, du gehörst doch zu mir. Auf ewig.