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Maschke, Andrea

Ein Sendung von

Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf

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Wie spielt man eigentlich Frieden?

Wie spielt man Frieden?

Vor kurzen fiel mir ein ziemlich alter Comic wieder in die Hände, wahrscheinlich ein Comic aus den 90er Jahren. Aus der Reihe Calvin und Hobbes, mit diesem ungleichen Freundespaar: Calvin ein kleiner Junge, Hobbes „sein lebendiges Stofftier“, ein Tiger.

Krieg - das ist ja ein dummes Spiel, nicht wahr?

Die beiden einigen sich darauf, Krieg zu spielen: Die Regeln sind klar. Sie schießen aufeinander mit Gummipfeilen und wenn einer getroffen ist, hat der andere gewonnen. So startet das Spiel und gleich in der ersten Szene werden beide getroffen. In der nächsten Szene herrscht Ratlosigkeit. Und nun? Dann sagt Calvin: „Das ist ja ein dummes Spiel, nicht wahr?“

Lauter Verlierer - und niemand, der das "Spiel" beendet

Ich erinnere mich, dass es damals eine Fortsetzung gab: Einer der beiden schlägt vor, doch lieber Frieden zu spielen, der andere willigte begeistert ein. Und wieder eine Szene der Ratlosigkeit. „Aber wie spielt man Frieden?“ fragt Calvin.

Ich weiß noch: Damals, in den 90er Jahren, habe ich über diese beiden Comics schmunzeln können. Jetzt machen sie mich eher nachdenklich: 

In den Nachrichten hören wir gerade andauernd von diesem „dummen Spiel“ Krieg. Tote und Verwundete auf allen Seiten, im Kampf selbst also lauter Verlierer und niemand, der das „Spiel“ kurzerhand beendet.

Was für uns normal ist, wünschen sich andere sehnlichst

Und tatsächlich kann es uns von außen unspektakulär und fast langweilig vorkommen, was sich die Menschen in den Kriegsgebieten unter Frieden vorstellen und so sehnlich wünschen, nämlich: die Familie, Freundinnen und Freunde wieder zu sehen, zusammen zu sein ohne Angst, satt zu werden, ein sicheres Dach über den Kopf zu haben, von der eigenen Arbeit leben zu können, in die Schule zu gehen. Eigentlich alles ganz normal, würden wir sagen – aber kein bisschen selbstverständlich.

Wie wenig Fantasie bringen wir auf, Krieg zu beenden

Was mich aber gerade beschäftigt und auch beschämt:

Während auf der einen Seite die Methoden der Kriegsführung immer ausgefeilter, komplizierter und einfallsreicher werden … und anscheinend ständig neue tödliche Ideen erfunden werden, sind wir auf der anderen als Menschheitsfamilie anscheinend ratlos und reichlich unkreativ, wenn es darum geht, Frieden herbei zu führen. Wie wenig Fantasie bringen wir da auf!

Verletzlich wie ein zartes Pflänzchen passt Frieden nicht in die Schlagzeilen 

Vielleicht gehört das zum Charakter des Friedens: Unspektakulär und meistens verletzlich wie ein zartes Pflänzchen ist er ziemlich ungeeignet für plakative Schlagzeilen.

Wenn Menschen in der Nachbarschaft sich weigern, einander zu hassen, wenn israelisch-palästinensische oder russisch-ukrainische Paare weiterhin friedlich zusammenleben – allen Anfeindungen zum Trotz. Wenn Menschen sich trauen, den Krieg zu verweigern oder zu sabotieren. Wenn Menschen versuchen, Verständnis auch für die Gegenseite aufzubringen, dafür sogar auf die Straße gehen und ihr Leben riskieren - dann wird über all das, auch zum Schutz der Beteiligten, eher selten berichtet. Schade. Denn genau da wächst Frieden heran.