Von der Kunst, tragfähige Wege zu bauen
Zwischen den Wiesen, Bäumen und Blumenbeeten fällt im Park etwas Entscheidendes kaum auf: der Boden, auf dem doch alles wächst und lebt. Mancher Boden birgt in sich Geschichte, auch wenn man sie nicht gleich sieht.
Der Untergrund ist enscheidend Wege und Häuser
Davon hat mir ein Gärtner erzählt, er hatte gerade einen Weg ausgebessert. Er sagte: „War mal wieder nötig. Und dann sagte er noch: „Auf Trümmern einen Weg zu bauen, ist eben schwer. Solche Wege reißen leicht wieder auf.“ Er berichtete, dass nach dem Krieg in vielen Orten und Städten Trümmer von zerstörten Häusern und ganzen Stadtvierteln abgeladen wurden. Es entstanden dadurch provisorische Böden. Darauf wurden Wege angelegt oder auch Grünflächen und Parkanlagen. Was untendrunter ist, ist aber immer noch da. Und das ist problematisch. Es gibt kleine Hohlräume, die sich verschieben können. Wasser versickert schlecht oder gar nicht, Wurzeln finden keinen richtigen Halt. Das führt dazu, dass Wege immer wieder aufreißen.
Auch in Beziehungen muss die Grundlage stimmen
Das ist für mich ein Bild, das sich auch auf das Leben von Menschen übertragen lässt. Wie schwer ist es, wenn etwas im Leben zerbrochen ist, einen neuen tragfähigen Grund zu legen. So etwas kann belastend sein. Alte Wunden, Verletzungen, ungelöste Konflikte sind nicht so einfach auszubügeln. In einer Freundschaft oder Beziehung muss oft eine Menge passieren, bis Vertrauen in die Beständigkeit wieder wächst. Im Bild gesprochen: Worüber nur spärliches Gras gewachsen ist, lässt immer wieder stolpern.
Was wenn Freunde uns verraten?
In der Bibel wird von Petrus erzählt. Petrus hat eine Freundschaft verraten. Ausgerechnet Petrus, dieser enge Begleiter von Jesus. Petrus ist einer von denen, die Jesus verleugnen, als Jesus gefangen genommen worden ist. Petrus behauptet gleich dreimal hintereinander, Jesus gar nicht zu kennen. (Joh. 18, 12-27) Immer wieder staune ich, wie Jesus auf den Verrat reagiert. Davon gibt es eine biblische Erzählung. Nach der Auferstehung Jesu begegnen sich Jesus und Petrus wieder. Jesus fragt Petrus dreimal: Petrus, liebst Du mich? Und Petrus sagt dreimal: Ja. (Joh. 21, 15-17).
Entscheidend ist: wie geht es weiter nach einem Verrat?
Einen Verrat kann niemand ungeschehen machen. Trotzdem wird in diesem Moment der Boden für einen neuen Weg befestigt. Es beginnt damit, dass Jesus nicht darüber hinweggeht, als wäre nichts geschehen. Er knüpft wieder an. Nicht an der Verletzung, dem Verrat, sondern er fragt nach der alten Verbindung: Liebst du mich? Er fragt nach, ob auch bei Petrus der Boden wieder tragen kann, auf dem beide gestanden haben. Er setzt es nicht einfach voraus, nach dem Motto: Alles wieder gut.
Ehrlichkeit und Vergebung haben viel Kraft
Manchmal höre ich so etwas auch heute. Leute erzählen mir, dass sie etwas Neues aufgebaut haben, auch dann, wenn etwas Altes zerbrochen ist. Zwischen Geschwistern zum Beispiel. Unter Nachbarn. Wenn es wieder Fragen gibt. Und Gespräche.
Ich glaube: Wenn ich auf das schaue, was gewesen ist, kann das helfen, ein Fundament tragfähig zu machen. Gegenseitige Vergebung ist auch eine Komponente. Ehrlichkeit und Vergebung haben viel Kraft. Dem anderen verzeihen kann ich erst, wenn es ausgesprochen ist, was war. Gegenseitig. Manchmal gelingt es, dann gemeinsam einen neuen Weg zu bauen, oft ist es mühsam. Aber mit das Schönste, was Menschen für sich tun können.