Gott liebt die Aufrichtigen
Gesprochen von Pfarrerin Claudia Rudolff
Das Urteil heißt: Lebenslänglich. Aber ist sie überhaupt allein schuldig? Oder büßt sie auch für andere? Das ist ein Thema des Films „Der Vorleser“ mit Kate Winslet, die gestern 50 Jahre alt wurde. Für ihre Rolle der Hanna Schmitz bekam Kate Winslet einen Oscar.
Hanna Schmitz war Aufseherin in einem Konzentrationslager
Im Film nach dem Buch von Bernhard Schlink geht es um Aufrichtigkeit. Hanna Schmitz wird schwerster Verbrechen angeklagt als Aufseherin eines Konzentrationslagers. Andere Angeklagte zeigen mit dem Finger auf sie und laden Schuld auf sie ab. Eine Schriftprobe gilt als Beweis. Hanna widerspricht nicht.
Einer im Gerichtssaal aber weiß: Hanna konnte damals weder schreiben noch lesen. Er hatte ihr nämlich immer vorgelesen aus schönen Büchern der Weltliteratur. Müsste Hanna nicht auch diese Wahrheit sagen?
Hanna nimmt die Schuld auf sich
Aber Hanna schweigt, nimmt auf sich, sitzt Jahrzehnte im Gefängnis. Den Vorleser gibt es immer noch. Der liest zuhause Bücher auf Kassetten, wann immer er Zeit hat. Die schickt er ins Gefängnis, damit Hanna sie hören kann. Er achtet Hanna und ihre Aufrichtigkeit. Sie war die Einzige, die sich zu ihren Taten bekannt hat.
Vielleicht büßt sie auch noch für Taten anderer. Schuld braucht Sühne. Sonst frisst sie sich in alle Seelen und zerstört sie. Im Gefängnis findet Hanna ein wenig Frieden - mit sich, mit ihrer Vergangenheit, auch mit ihren furchtbaren Taten. Man könnte fast sagen: ihre Buße heilt sie, soweit das möglich ist.
Schuld muss benannt werden
Schuld lässt sich nicht wegdenken; auch nicht weg reden oder wegschweigen. Man kann nicht so tun, als gebe es sie nicht. Schuld muss benannt werden, sonst wird sie immer größer und zerstört unser Herz und unsere Seele. Lieber aufrichtig sein als herumdrucksen.
Warum sollten gerade wir immer unschuldig sein?
Warum sollte ausgerechnet ich nie etwas dafürkönnen? Warum sollten gerade wir immer unschuldig sein? Nur Aufrichtig sein macht frei. Das ist ein schönes Ziel, finde ich. Gott verspricht unserem Herzen und unserer Seele (Psalm 103,11): Er lässt seine Gnade walten über denen, die ihn fürchten. Gott kann man nicht belügen. Er liebt die Aufrichtigen.