hr2 ZUSPRUCH
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Tumma, Lisa Maria

Eine Sendung von

Evangelische Pfarrerin, Rundfunkbeauftragte für den Hessischen Rundfunk

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Ich bin wunderbar, Gott sei Dank

„Eigenlob stinkt!“, sagt ein Sprichwort. Auch ich habe diesen Satz zu hören bekommen. Ich erinnere mich an einen Tag, da bin nach der Schule mit vor Stolz geschwellter Brust in die Küche meiner Großmutter gelaufen. Ich hatte mein Deutschheft in der Hand und habe gerufen: „Oma, schau mal: Ich habe eine Eins auf meine Geschichte bekommen! Geschichten schreiben kann ich wirklich gut!“ Und sie meinte nur: „Prahl nicht so! Eigenlob stinkt.“ Das hat gesessen.

Lieber tief stapeln anstatt auf die eigenen Erfolge schauen?

Zum Glück sind solche Sätze heute seltener. Und trotzdem: Meine Erfahrung ist: Kindern, vor allem Mädchen, wird immer noch beigebracht, sich zurückzunehmen, tief zu stapeln. Das sickert ein und prägt fürs Leben. Es verändert den Blick: Statt der eigenen Stärken und Erfolge, sehen viele mit der Zeit nur noch auf ihre Fehler, auf das, was noch nicht so gut gelingt und besser werden muss.

Mir geht es auch häufig so. Umso mehr staune ich deshalb über einen Menschen in der Bibel. Der betet zu Gott mit den Worten: „Ich danke dir, dass ich wunderbar gemacht bin!“ (Psalm 139,14)

Ich bin wunderbar - trotz meiner Schwächen

Wer so betet, hat offensichtlich keine Schwierigkeiten, die eigenen Stärken zu sehen und sich selbst zu loben. Dabei bin ich mir sicher: Auch dieser Mensch hat Schwächen. Und es gibt Dinge, die ihm nicht gelingen. Aber die ändern nichts an seiner Haltung, nämlich: So wie ich bin, bin ich wunderbar. Da ist ganz viel Gutes in mir. Darüber freue ich mich und ich bin stolz darauf.

So eine Haltung wünsche ich auch anderen: Meiner Freundin zum Beispiel, die oft schüchtern ist, aber die so toll zuhören kann, dass ihr alle das Herz ausschütten. Die könnte wirklich sagen: Ich danke dir, dass ich wunderbar gemacht bin.

Gott sei Dank!

Und gleichzeitig: Wer so betet, der lobt sich ja nicht nur selbst, sondern der weiß: Meine Begabungen kommen nicht aus mir selbst heraus, sondern: Gott hat sie mir geschenkt. Gott hat mich so gemacht.

Der Satz „Danke, dass ich wunderbar gemacht bin“ ist deshalb mehr als Eigenlob, sondern ein Lob an Gott. Ein Wertschätzen für das, was Gott mitgegeben hat: Kreativität, eine schöne Stimme, handwerkliches Geschick. Das offene Ohr meiner Freundin.

Ich darf über meine Fähigkeiten stolz sein

Und bei mir: Geschichten schreiben. Das kann ich wirklich gut – würde ich heute immer noch sagen. Und ich halte meinen Stolz auch nicht mehr zurück, sondern ich freue mich darüber und lobe Gott dafür. Und bete mit ganzem Herzen: Ich danke dir Gott, dass du mich mit Fantasie und Worten beschenkt hast. Dass du mich und jeden Menschen so wunderbar gemacht hast. Denn ich bin sicher: Jeder hat etwas, was er besonders gut kann. Darauf darf man stolz sein und sich und Gott dafür loben.