Der Buß- und Bettag erleichtert
Meine Freundin rührt in ihrem Kaffee. Etwas liegt ihr auf dem Herzen. Ich frage sie, was los ist. Sie erzählt: „Du kennst doch Jule“. Klar, kenne ich. Meine Freundin und Jule sind seit Jahren eng befreundet.
Plötzlich herablassend und gemein
Meine Freundin erzählt: "Jule ist so ein lieber Mensch. Noch nie hat sie etwas Gemeines gesagt oder ist aus der Haut gefahren. Bis letzte Woche. Da war sie plötzlich so anders: herablassend und gemein. So hat sie über andere gelästert."
Meine Freundin sagt: "Noch schlimmer war aber für mich, was ich dann gemacht habe: Ich hätte einfach sagen sollen: ‚Hör auf so zu was zu sagen. Das ist gemein!‘ Ich bin sicher: Dann hätte sie aufgehört – und es hätte ihr sogar Leid getan.
Habe ich aber nicht gesagt. Stattdessen bin ich darauf eingestiegen. Ich habe mich davon anstecken lassen und war genauso gemein wie sie. Dabei mochte ich mich so überhaupt nicht. Ich schäme mich richtig dafür. Aber irgendwie bringe ich es jetzt auch nicht übers Herz, es anzusprechen, dass das doof war mit dem Lästern. Dass ich so nicht reden will und sie es auch nicht sollte."
Das Gefühl danach
Ich glaube, ich verstehe, was meine Freundin meint. Weil ich auch manchmal zu feige bin, einfach ehrlich zu sagen, was verkehrt lief. Und was ich falsch gemacht habe. Und ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn mir so was auf der Seele liegt. Und wie man sich dafür schämt.
Buß- und Bettag
Heute ist Buß- und Bettag, ein kirchlicher Feiertag. Büßen und Beten – das klingt für manche mittelalterlich. Für mich ist es einer der wichtigsten Tage im Jahr. Denn heute geht es genau um diese Momente. Bei denen ich nicht so war, wie ich es gerne wäre. Dinge getan und gesagt habe, über die ich mich im Nachhinein ärgere, für die ich mich schäme, die ich bereue.
Die Botschaft des Buß- und Bettags ist: Das muss dich nicht für immer belasten. Und: Du musst nicht für immer so bleiben. Du kannst das Schwere zurücklassen und verändert weitergehen.
Die drei Schritte der Buße
Dazu helfen drei Schritte. Erstens: sich den Fehler eingestehen. So wie meine Freundin. Schon das kostet Überwindung. Aber es ist die Voraussetzung für den zweiten Schritt: Ich gebe den Fehler zu . Und schließlich als Drittes: Ich bitte um Entschuldigung.
Bis das möglich ist, braucht es manchmal Zeit – auch bei meiner Freundin. Noch fehlen ihr Kraft und Mut, um auf Jule wieder zuzugehen und sie anzusprechen auf das, was zwischen ihnen steht.
Der vierte Schritt: Beten
Einfacher ist es, zunächst Gott davon zu erzählen. Also nicht nur büßen, sondern auch beten. Meine Fehler und falschen Entscheidungen vor Gott benennen. Gott bitten, dass er mir hilft, das auszuhalten. Mich auszuhalten. Und Gott um Kraft und Mut bitten, dass ich mich wieder annähern kann, und vielleicht sogar um Entschuldigung bitte.
Dafür gehe ich heute Abend in den Buß- und Bettags-Gottesdienst. Vielleicht will meine Freundin ja mitkommen. Ich glaube, das macht auch ihr Herz leichter.