hr2 ZUSPRUCH
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Eine Sendung von

Evangelische Theologin, Rüsselsheim

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Angst vor Gott

Alexander hat Angst vor Gott. Seine Eltern erzählen ihm, dass Gott streng ist. Sie sagen: „Gott sieht alles und bestraft jeden Fehler, den du machst.“ Darum ist Gott in Alexanders Augen eine schreckliche Figur, vor der er sich am liebsten verstecken will. So erzählt es der Schriftsteller Maarten t’Hart in seinem Roman „Das Wüten der ganzen Welt“.

Das ist nicht allein die Fantasie eines Autors, sondern ein Gottesbild, das auch heute noch existiert und Menschen in Angst versetzt. Sie fragen sich: Was, wenn ich gegen ein Gebot verstoße? Wenn ich einen Fehler mache? Bin ich dann verdammt?

Der zornige und strafende Gott

Dieses Gottesbild gibt es auch in der Bibel. Ich denke zum Beispiel an die Geschichte von der Sintflut: Gott vernichtet alle Menschen aus Zorn über ihre Boshaftigkeit. Nur Noah und seine Familie lässt er in der Arche überleben. Aus solchen Bildern speist sich die Vorstellung von Gott als beängstigendem, extrem strengen Vater. Ein Gott, vor dem man sich fürchten muss.

Mit diesem Gottesbild kann man viel Unheil anrichten. In den Herzen von Menschen, die in Angst leben, weil sie die Drohung mit Gottes Zorn auf sich beziehen. So wie in Alexanders Herzen, der sein Leben lang furchtbare Angst vor Gott hat.

Ein anderes Gottesbild

Im letzten Jahrhundert hat sich eine Gegenbewegung entwickelt. Statt des strafenden, Angst einjagenden Über-Vaters wurden andere Gottesbilder der Bibel stark gemacht. Von Gott, der rettet und Sünden vergibt. Oder von Jesus, der einen wie ein Freund und Bruder begleitet.

Als Gegenbild zum strafenden Gott sind diese Beschreibungen wichtig. Wenn sie aber zu stark werden, wenn sie mein Gottesbild dominieren – dann ist das zu schlicht und einseitig. Gott, der harmlose Buddy? Das ist zu wenig. Gott bleibt immer auch unbegreiflich und mächtig, zutiefst fremd.

Weder Gruselgott noch Kuschelgott

In der Bibel findet sich beides. Der Apostel Paulus zum Beispiel spricht einerseits davon, dass Menschen nicht den Geist der Furcht vor Gott haben sollen – und fordert an anderer Stelle doch Gottesfurcht. Hier liegt, glaube ich, eine Spur. Ein Gottesbild, das nur bedrohlich ist und Angst einjagt, macht Menschen klein. Wenn ich mich aber gar nicht von Gott und seinen Ansprüchen in Frage stellen lasse, unterschätze ich ihn.

Es kommt also darauf an, eine angemessene Haltung zu Gott zu finden. Christ:innen brauchen keinen Gruselgott, mit dem man Kindern – und Erwachsenen – Angst einjagt. Aber ein verharmloster Kuschelgott, der zu allem Ja und Amen sagt, ist weder biblisch noch hilfreich.

Wesentlich ist Gottes tiefe Liebe

Ich will die strenge Seite Gottes nicht ausblenden – sie gehört dazu. Aber wesentlich ist zugleich Gottes tiefe Liebe. Ich übe mich in der Haltung: Ehrfurcht, die nicht erstarrt. Nähe, die Respekt behält.