hr2 ZUSPRUCH
hr2
Wucherpfennig, Dr. Ansgar

Eine Sendung von

katholischer Theologe, Kassel

00:00
00:00

Angst und Hoffnung in apokalyptischen Zeiten

„Apocalypse now“ war ein Antikriegsfilm von Francis Ford Coppola. Der Film erschien 1979, und es ging um die Schrecken des Vietnamkrieges 1969. Aber auch jetzt sieht es oft so aus, als ob apokalyptische Zeiten angebrochen sind. Als am 7. Oktober der Angriff der Hamas auf Israel begann und die Bilder von unzähligen Raketen auf Tel Aviv, Jerusalem und andere Städte in Israel über mein Smartphone flimmerten, habe ich mich auch wieder gefragt: Steht die Apokalypse vor der Tür? Den Eindruck habe ich schon länger und seit einiger Zeit immer mehr: die weltweite Bedrohung durch das Corona-Virus, der Krieg in der Ukraine. Allein die Umweltkatastrophen in diesem Sommer. Dazu kommt, dass sich die Gesellschaft immer stärker polarisiert und rechte politische Kräfte einen erschreckenden Zuwachs haben. Über die Aktivitäten der Bewegung „Last Generation“ kann man streiten, aber es lassen sich auch gute Gründe für ihre Überzeugung nennen: „Wir sind die letzte Generation, die noch etwas ändern kann, um ein unmenschliches Leben auf dieser Weltkugel oder gar das Ende der Welt abzuwenden.“

Fürchtet euch nicht!

Muss ich mich fürchten? Müssen wir Angst haben vor dem Ende der Welt?

„Fürchte dich nicht!“ oder auch im Plural „Fürchtet euch nicht!“ ist einer der häufigsten Sätze in der Bibel. Jesus sagt es seinen Jüngerinnen und Jüngern auch in den letzten Stunden seines Lebens: „Habt keine Angst“, „Lasst euch nicht verwirren!“ Und oft ist es Gott selber oder es sind Gottes Gesandte, die Menschen diesen Satz zusprechen (Gen 15,1; 21,17 u. a.). Sicher, so glaube ich, ist ein Leben in Angst nicht das Leben, das Gott uns schenken möchte.

Angst macht aufmerksam und achtsam

Dennoch ist mit der Angst vor den weltpolitischen Ereignissen ein reales Spüren verbunden, und dieses Spüren ist lebenswichtig. Wenn ich vor etwas Angst habe, dann schaue ich es mir nicht gern an, sondern mache einen weiten Bogen darum. Aber ich kann meiner Angst trauen, das habe ich schon oft erlebt. Sie macht mich oft auf etwas aufmerksam. Etwas, das ich vielleicht zurecht meiden soll, weil es mir schaden kann. Oder auch etwas, um das ich mich besser kümmern sollte, denn oft bezieht sie sich auf etwas, das ich anschauen kann, und das dann seinen Schrecken verliert, wenn ich mich ihm stelle. Die Angst nimmt jedenfalls erst mal das Tempo raus und ruft mich dazu auf, in einer Situation besonders achtsam zu sein. Ich glaube, das trifft auch auf die großen Ängste vor dem Ende der Welt zu.

Gottes Nähe gibt mir Kraft, mich für ein friedliches Leben einzusetzen

Apokalypse, das ist der griechische Titel des letzten Buches in der Bibel, der Johannesoffenbarung. Auch wenn da von vielen schrecklichen Ereignissen die Rede ist: Apokalypsis heißt eigentlich Offenbarung. Gott offenbart in der Bibel seine Nähe zu seiner Schöpfung. Gott rettet Tiere, Pflanzen und Menschen, weil sie ihm wichtig sind. Als Christ glaube ich, dass ich diese Nähe Gottes gerade in apokalyptischen Zeiten brauche, um mich meinen Ängsten zu stellen. Dann kann ich Kraft finden für das, was ich selber tun kann, um das Leben angstfreier und friedlicher zu machen.