Heute ist der „Tag der unschuldigen Kinder“
Heute ist der Tag der unschuldigen Kinder. Das ist ein Fest grausigen Ursprungs, das die katholische Kirche begeht. Dieser Tag geht häufig zwischen den meist positiven Emotionen des Weihnachtsfestes und der Erwartung auf den Jahreswechsel unter. Die Geschichte, um die es geht, steht in der Bibel im zweiten Kapitel des Matthäusevangeliums. Der König Herodes lässt alle neugeborenen Knaben töten, weil er Angst hat, seine Macht zu verlieren. Er will damit den vermuteten Konkurrenten ausschalten, denn Sterndeuter hatten ihm mitgeteilt, wann und wo der neugeborene König geboren wurde. Und weil er nicht weiß, welches Kind das ist, lässt er sicherheitshalber alle Jungen töten. Sein Motto lautet: Es ist besser, Kinder zu töten als seine Macht zu verlieren. Die Bibel berichtet weiter, dass Geschrei, Weinen und Klagen zu hören war und eine Mutter um ihre Kinder weinte und sich nicht trösten lassen wollte. Eine wirklich grausame Geschichte, aber leider kein Märchen von anno dazumal.
Zeitenwechsel! Für 2019 weist die polizeiliche Kriminalstatistik für Deutschland 4100 Fälle von Kindesmisshandlung aus. 112 Kinder überlebten die an ihnen verübte Gewalt nicht. Die Statistik zählt auch knapp 16.000 Fälle von sexueller Gewalt an Kindern. Rechnerisch werden damit jeden Tag mehr als 11 Kinder Opfer schwerster Gewalt und 45 Kinder Opfer sexuellen Missbrauchs. Leider ist mit einer deutlich höheren Dunkelziffer zu rechnen. Unschuldige Kinder!
Auch werden in unserem Land jährlich circa 100.000 Abtreibungen vorgenommen. Und immer wieder ist vom unsichtbaren Sterben der Kinder auf der Flucht zu lesen. Unschuldige Kinder!
Das sind erschreckende Fakten. Unendlich persönliches Leid, das hinter diesen nackten Zahlen steckt. Mir stellt sich die Frage, was für eine Gesellschaft sind wir, die so mit der eigenen Zukunft umgeht? Bin ich doch der Überzeugung, dass sie, die Kinder, unsere Zukunft sind. Eine Antwort aus der Sicht des Glaubens darauf fällt mir schwer. Auch, weil Mitarbeiter der Kirche unter den Tätern sind. Auch weil Geistliche, Menschen, die im Dienst der Kirche stehen, nicht frei von Schuld sind, ist es unsere Aufgabe als Christen, hinzusehen und Kinder zu schützen. Darauf zu drängen, dass in der Kirche und in der Gesellschaft Bedingungen geschaffen werden, die Kindesmissbrauch verhindern. Bedingungen zu schaffen, in denen kein Erwachsener gedankenlos aus Not oder aus eigensüchtigen Motiven Kindern Schaden zufügt. Für eine Politik einzutreten, die Kindern ein menschenwürdiges Leben ermöglicht, nicht nur in unserem Land, sondern weltweit.
Jesus Christus selbst hat die Kinder wertgeschätzt. Im Markusevangelium können wir nachlesen (Mk 10,13-16), dass er sagt: "Den Kindern gehört das Reich Gottes und dass er ihnen die Hände auflegte und sie segnete."
Für mich steht fest: Das Fest der unschuldigen Kinder ist leider auch heute noch hoch aktuell. Ich glaube, es ist gut zwischen Weihnachten und Neujahr an die Kinder zu denken, die zu Opfern werden. Noch besser wäre es, dafür einzutreten, dass Kindesmisshandlungen gar nicht erst stattfinden.