Schon jetzt – noch nicht
In ein paar Stunden ist Frühlingsanfang. Nach der sibirischen Kälte dieses Winters ist die Sehnsucht nach Licht und Wärme groß. „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden belebenden Blick…“, für den Osterspaziergang nach Goethe ist es noch zu früh. Aber ein neues, frühlingshaftes Lebensgefühl will sich breit machen nach dem langen Winter. Noch ist es nicht so weit. Noch sind es 3 Wochen bis Ostern, bis der Frühling mehr und mehr Einzug hält. Noch ist es nicht so weit. Aber ein Anfang ist gemacht. Zumindest auf dem Kalender.
Frühlingsanfang. Schon jetzt sind die Tage merklich länger. Schon jetzt genießen wir mehr Sonnenstunden. Aber es ist noch nicht wirklich Frühling. Schon jetzt und noch nicht.
Was wir im Blick auf die Jahreszeit erleben, ist eine Grunderfahrung des Glaubens. Dieses ‚schon jetzt‘ und das gleichzeitige ‚noch nicht‘. Wenn Jesus das Kommen des Gottesreiches mit dem Wachstum eines Senfkorns vergleicht, dann ist das so ein ‚schon jetzt‘ und ‚noch nicht‘. Die Botschaft der Liebe und der Hoffnung ist in der Welt. Sie ist eingepflanzt. Und wächst. Schon jetzt. Da ist das Reich Gottes aber noch nicht. Ostern liegt vor uns. Die Botschaft von der Überwindung des Todes. Schon jetzt habe ich diese unglaubliche Hoffnung. Aber noch ist Passionszeit. Und die muss ich aushalten. Schon jetzt – noch nicht. Dieses Tandem gehört zum Glauben. Die Vorläufigkeit des Jetzt und Hier. Und die große Perspektive unter dem Vorzeichen des ‚noch nicht‘.
Der Apostel Paulus beschreibt es mit einem Bild: Jetzt sehen wir alles nur wie in einem Spiegel und wie in rätselhaften Bildern; dann aber werden wir Gott von Angesicht zu Angesicht sehen. Wenn ich jetzt etwas erkenne, erkenne ich immer nur einen Teil des Ganzen; dann aber werde ich alles so kennen, wie Gott mich jetzt schon kennt. (1. Korinther 13,12 Neue Genfer Übersetzung)
Das ‚Noch nicht‘ gilt für alle Erkenntnis. Das ist so. Für meinen Glauben entscheidend ist mir, dass Gott mich kennt. Jetzt schon. Hier und heute. Meine Befindlichkeit. Meine Sorgen. Und dass ich darauf vertrauen kann, dass er um mich weiß. Und helfen kann. Ein altes Vertrauenslied singt davon.
„Harre, meine Seele, Harre des Herrn! Alles ihm befehle, Hilft er doch so gern. Sei unverzagt! Bald der Morgen tagt, Und ein neuer Frühling folgt dem Winter nach. In allen Stürmen, in aller Not wird er dich beschirmen, der treue Gott.“
Es wird Frühling. Ganz sicher.