Düfte und Gerüche
Düfte und Gerüche spielen in unserem Leben eine große Rolle. Bald werden wir wieder den Geruch nach frisch gemähtem Gras und Sommerblumen in der Nase haben. Für manche von uns löst das freudige Gefühle aus, bei anderen die Angst vor Allergien. Meistens haben Düfte mit unseren Erinnerungen zu tun. Ich denke an die Samstage meiner Kindheit, als es zu Hause nach Bohnerwachs und Streuselkuchen roch und für mich dadurch das Wochenende gekommen war. Viele Duftstoffe sind heute künstlich hergestellt. Nicht nur der Parfüm- oder Waschmittelduft. Da ist auch der Erdbeerjoghurt, der ohne eine einzige Erdbeere, sondern nur mit naturidentischen Erdbeeraromen hergestellt wurde. Düfte dienen dazu, dass wir Produkte wiedererkennen und sie mit einem Wohlgefühl in Verbindung bringen.
Die norwegische Duftforscherin Sissel Tolaas hat z.B. den Auftrag bekommen, einen unverwechselbaren Geruch zu kreieren, der Gäste zum Wiederkommen verführt. Nachdem sie ein halbes Jahr geschnüffelt hat, um eine Idee umzusetzen, werden künftig die Lobbies der Hotelkette in aller Welt nach Schnee, Bergen und Geld durften.
Wenn wir an Kirchen denken, fällt uns auch ein bestimmter Geruch ein. In alten Kirchen riecht es anders als in modernen Kirchen, die vielleicht mit den Gemeinderäumen verbunden sind. In katholischen Kirchen riecht es nach Weihrauch, dem Duft, der den Tod vertreibt und der Reinigung und Gottesverehrung dient. In evangelischen Kirchen sind es eher die Gemäuer, die Kerzen und die Menschen, die den Geruch ausmachen.
Gerüche können anziehen und abweisen. Das ist auch in der Kirche so. Für viele Menschen riecht die Kirche altmodisch, aber das ist sie nicht und das muss sie nicht sein. In der Bibel, im 2. Korintherbrief sagt Paulus, dass durch uns Christinnen und Christen der „Duft der Erkenntnis Gottes erscheint“. Was verbirgt sich dahinter? Aus meiner Sicht auf jeden Fall kein einengender Stallgeruch, sondern Luft zum Aufatmen und Durchatmen. Ich denke an Jesus, der diesen Duft verbreitet, der Menschen getröstet, aufgerichtet und ermutig hat und ihnen ihre Lebensmöglichkeiten deutlich machte. Er hat keinen Unterschied zwischen Menschen verschiedener Herkunft, Sprache, Hautfarbe oder gar Religion gesehen.
Ja, wie riecht es, wenn sich einer Zeit nimmt für andere Menschen, ihnen zuhört und sie spüren lässt, dass sie geliebt sind von Gott? Wie riecht es, wenn einer anders reagiert, als die Gesellschaft erwartet und sich auf die, die eher am Rande oder außen stehen, einlässt. Ich rieche den Duft einer großen Freiheit. Dort, wo Gott neue Erkenntnisse ermöglicht und Menschen aus Schubladen, in denen sie gesteckt haben, herauskommen können, da riecht es frisch, nach Neuanfang. Nach diesem Geruch sehne ich mich. Und ich freue mich außerordentlich, wenn ich ihn hier und dort entdecken kann.