Brot backen und Gott
Frische, knusprige, noch warme Brötchen, das mag ich, wenn ich morgens zum Bäcker gehe. Und frisch gebackenes Brot ist etwas Verführerisches für mich. In einigen hessischen Orten hat man die Tradition der Backhäuser wieder aufleben lassen, und Ältere erinnern sich noch an die Backtage in ihrer Kindheit, wie die Frauen gemeinsam geknetet haben, in riesigen Backtrögen.
Eine Frau erzählte mir davon, wie sie als kleines Mädchen damals dabei sein durfte. Sie hatte dann ihre eigene kleine Schüssel, damit sie nicht dazwischen geriet. Der Gesang der Frauen, mit dem sie sich die Arbeit erleichterten, ist ihr noch heute in den Ohren.
Im Neuen Testament, im Lukasevangelium, erzählt Jesus von einer Frau, die Teig knetet. “Das Reich Gottes ist einem Sauerteig gleich, den eine Frau nahm und mit drei Scheffel Mehl vermengte, bis alles durchsäuert war.“
So kommt Gottes Gegenwart also zu den Menschen. Wie bei der Frau, die den Teig knetet. Sie bringt Sauerteig und Mehl miteinander in Kontakt, und es geschieht etwas Besonderes - das Mehl wird durchsäuert. Es bekommt eine andere Qualität.
Ich verstehe das so: Überall da, wo Menschen miteinander in Kontakt kommen, können sie sich in guter Weise anregen. Es kann etwas zwischen ihnen entstehen, das sie miteinander verbindet. Sobald zwei oder mehr Menschen sich begegnen, kann etwas Neues hinzukommen.
Deshalb entwickle ich wohl so gerne Ideen gemeinsam mit anderen.
Deshalb bekommen viele Menschen besonders gute Gedanken, wenn sie mit jemanden über das reden, was sie beschäftigt.
Und offenbar ist es für Jesus mit Gott genauso: Wenn ich den Sauerteig als Symbol für Gottes Gegenwart verstehe, dann sehe ich Gott nicht als getrennt von der Welt an, sondern entdecke ihn mittendrin. Im Bild gesprochen ist er ganz hineingemischt. Und wie passiert dann etwas Neues zwischen Gott und den Menschen, im Bild der backenden Frau gesprochen?
Das aktive Kneten, bei dem einem richtig warm werden kann, ist nur die eine Seite. Das wissen alle, die schon mal einen Teig zubereitet haben. Denn auch das Ruhen des Teiges gehört wesentlich dazu. Denn dann kann der Teig gehen. Ganz viel geschieht, ohne dass die Frau knetet.
So habe ich manches Mal eine Zeit der Stille erlebt. Ich hatte dann das Gefühl, jetzt, in der Ruhe, entsteht wirklich Wichtiges in mir. Lebensfragen bekamen Raum, Entschlüsse, die ich fassen wollte, konnten reifen.
Und dann geht es noch um die Menge, wie viel backt die Frau. Drei Scheffel, hatte Jesus gesagt. Das sind über 25 Kilogramm. Das verrät: Sie backt nicht für sich alleine. Die Menge Mehl weist darauf hin: Gottes Gegenwart bei den Menschen hat ein Ziel: nämlich das Menschen miteinander satt werden.