Bejaht-Sein
„Hallo, schön, dass du da bist“. Eigentlich war es nur ein Begrüßungsritual. Zu Beginn des Schuljahres habe ich es eingeführt: Am Anfang der Schulstunde bitte ich alle Schüler, sich zu erheben. Ich beginne einen Schüler laut und vernehmbar zu grüßen. „Hallo, Matthias, schön, dass du da bist.“ Dazu winke ich ihm und schenke ihm ein Lächeln. Der so Begrüßte grüßt seinerseits einen Klassenkameraden. „Hallo Michael, schön, dass du da bist.“ Und so weiter. Bis jeder einzelne namentlich genannt und willkommen geheißen ist. Die Begrüßungszeremonie zeigt mir die Beziehungen in der Klasse. Wer wen grüßt. Wer zuerst und zuletzt gegrüßt wird. Und sie sollte mir helfen, die Namen der Schüler zu lernen. Die Namen kenne ich mittlerweile. Das Begrüßungsritual machen wir aber immer noch. Weil die Schüler es wollen. Weil sie es mögen. Gerade in den Klassen mit schwierigen Jugendlichen fordern die Schüler es ein. Warum? Ich glaube, es tut ihnen gut, wenn sie ernst genommen werden. Wenn jedem gesagt wird: „Schön, dass du da bist.“
Eine Klasse ist eine reine Jungenklasse. Alle 16 bis 18 Jahre alt. In einem Jahr sollen sie einen Schulabschluss erwerben. Auf das Berufsleben vorbereitet werden. Einige haben einen Hauptschulabschluss. Für andere ist es die letzte Chance, überhaupt einen Abschluss zu erlangen. Jeder von ihnen hat in seinem jungen Leben schon viel erlebt. ‚Engel‘ sind sie beileibe nicht. Und diesen meinen Rabauken tut unser kleines Ritual gut: „Hallo, Lars, schön, dass du da bist“.
Anerkennung kann man nicht genug bekommen. Ebenso wie Liebe. Und das Gefühl: Ich werde wahrgenommen, wertgeschätzt. Dass einer JA zu mir sagt, ist der Schlüssel zum Leben. Wenn der andere mich bejaht, kann ich mich selbst bejahen. Das ist das Geheimnis der Liebe zwischen zwei Menschen. Der andere ist, was meine Liebe aus ihm macht. Ein liebevolles: „Hallo, schön, dass du da bist!“ macht etwas mit mir. Es wäre schön, wenn unsereiner das jeden Tag aufs Neue gesagt bekäme: „Schön, dass du da bist.“ Das ist so wichtig zu wissen, ich bin bejaht. Dass einer JA zu mir sagt. Auch wenn ich mich ganz anders fühle.
Im Gottesdienst zum vierten Advent wird es mir gesagt. Der biblische Text aus dem 2. Korintherbrief Kapitel 1 hat das Ja Gottes zum Thema. Jesus ist das Ja Gottes, Zeichen seiner Liebe. Weihnachten wird zur Erfüllung aller Verheißung. Das Kind in der Krippe. Für mich geboren. So wichtig bin ich Gott. Als würde Gott zu mir sagen: „Hallo Bernd, schön, dass du da bist.“