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Kristen, Dr. Peter

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

Wunder wirken Wunder

Wunder wirken Wunder

Morgens ein gute Tasse Kaffee. Da spürt man doch sofort, wie einen das in Schwung bringt, oder? In seinem Buch „Wunder wirken Wunder“ zeigt der Arzt und Kabarettist Dr. Eckhart von Hirschhausen, dass das keineswegs so ist. Wenn jemand morgens schon beim ersten Schluck Kaffee spürt „wie der auf die Pumpe geht und wach macht“, dann hat das nichts mit Koffein zu tun, sondern mit der positiven Kraft des Erwartens. Um ins Gehirn zu gelangen braucht das Koffein mindestens eine Viertelstunde. Trotzdem macht schon der erste Schluck Kaffee wach, weil wir wissen, dass er es kann und erwarten, dass er das tut.

Hirschhausen schreibt: „Die Kraft des Staunens, des Erwartens, des Wunderns löst wundersame Dinge in uns aus.“ Die medizinische Forschung hat gezeigt: Auch bei der Behandlung mit sogenannten Placebos, mit Medikamenten ganz ohne Wirkstoff, bilden sich die Patienten die Linderung ihrer Schmerzen keineswegs ein. Die Wirkung der Placebos ist nachweisbar und messbar. Im Gehirn werden körpereigene Schmerzmittel gebildet. Die wirken dann genauso wie die üblichen.

Wenn ich als Kind aufs Knie gefallen war, hat mich meine Mutter in den Arm genommen und auf das Knie gepustet. Da war der Schmerz wirklich weg. Auch die Wundergeschichten in der Bibel handeln davon. Wer sie hört, soll sich mit darüber wundern, dass ein Blinder wieder sehen kann und ein Gelähmter aufsteht, seine Matte nimmt und weggeht. Oft sagt Jesus in den Geschichten: „Dein Glaube hat dir geholfen.“ Der Geheilte hat erwartet und darauf vertraut, dass Jesus ihn heilen kann und dieser Glaube, dieses Vertrauen hat ihm geholfen.

Als Arzt beschreibt Hirschhausen wie die positive Kraft der Erwartung eine erstaunliche, sogar messbare Wirkung haben kann. Wörtlich schreibt er: „Glaube, Liebe, Hoffnung sind uralte Wirkmittel, und sie in der Tablette allein zu suchen, ist einer der größten Irrtümer der Mediziner.“

Als Christ weiß er aber auch: Wunder bleiben unverfügbar. Meist sind sie nur im Nachhinein zu erkennen. Es hängt nicht von so etwas wie der Stärke des Glaubens ab, ob eine ersehnte Heilung geschieht. Erwarten kann der Glaube das Wunder, erzwingen nicht. Heute Morgen, wenn mich mein erster Schluck Kaffee gleich so richtig wach gemacht hat, denke ich an die positive Kraft der Erwartung. Manchmal ist sie der Anfang eines Wunders.