Polaroidbilder von Gott
Vor siebzig Jahren erfunden und heute wieder total hipp, die Sofortbildkamera. Viele Erfindungen sind eine Zeitlang unverzichtbar und werden dann von etwas Leistungsfähigerem überholt und vergessen gemacht. Nicht so die Polaroidkamera.
Die neuen kommen ganz gegen jeden Trend dick und klobig daher. Der Schick ist nicht ihre Stärke. Sie faszinieren, genau wie vor siebzig Jahren durch diesen super spannenden Moment, in dem sich das Foto selbst entwickelt, in dem es direkt vor meinen Augen entsteht. Früher kannten das nur Fotographen in der Dunkelkammer, wenn sie die Schwarzweißbilder im Entwicklerbad vorsichtig hin und hergeschwenkt haben. Polaroidkameras lassen das alle erleben.
Da nehmen sich alle Zeit zum Zuschauen. Für viele sind diese zwei Minuten ja eine furchtbar lange Zeit. So lange dauert ein Sofortbild auch heute noch, retro eben. Aber dann hat man das Bild wirklich in der Hand und kann es mit nach Hause nehmen. Das Polaroid, das die Hebamme kurz nach der Geburt unserer Tochter gemacht hat, ist sicher aufbewahrt im Fotoalbum.
Jedes Bild, das auf diese Weise vor meinen Augen entsteht, kann mein Empfinden, Denken und Handeln anrühren. Es lässt in mir andere Bilder entstehen, Erinnerungen, Wünsche oder Träume. Gerade die farblich eher einfachen Polaroids lassen viel Platz für das eigene Weiterdenken. Manchmal denke ich, dass auch die biblischen Bilder von Gott Polaroidqualität haben: Ein einziges Abbild von Gott herzustellen, das verbietet die Bibel, aber grobe unvollkommene Vergleiche enthält sie viele: Wie ein guter Vater ist Gott, heißt es in der Bibel. Gott tröstet, wie einen seine Mutter tröstet. Gott ist wie eine Henne, die ihre Küken unter den Flügeln sammelt, (Mt 23), Gott behütet wie ein Hirte, oder schützt wie eine Burg.
Selbst alle biblischen Gottesbilder zusammen können Gottes Größe nicht fassen. Wo ich ihnen aber etwas Zeit gebe, können sie auch vor meinen Augen entstehen und mein Empfinden, Denken und Handeln anrühren. Manche davon sagen mir wenig, andere sprechen mich an, entwickeln sich und entfalten vor meinem geistigen Auge eine Vertrauen schaffende Kraft. Die will ich mir, wie ein Polaroidbild aufbewahren.