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Kristen, Dr. Peter

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

Dollys Geburtstag

Dollys Geburtstag

Vor der Uni Edinburgh in Schottland drängelten sich die Übertragungswagen der Fernsehsender. Sie alle wollten von einer Sensation berichten: Zum allerersten Mal hatten Menschen erfolgreich ein Säugetier geklont. Heute vor zwanzig Jahren wurde das Bergschaf Dolly geboren. Ein Segen für die Menschheit, meinten die Einen damals und träumten vom „therapeutischen Klonen“, von nachwachsenden Organen auch für Menschen und vom Ende aller Krankheiten. Andere warnten: Erst klont man Schafe und dann Menschen.

Heute kann man fast alles klonen. Aus nur einer einzigen Tierzelle lässt sich ein genetisch identisches Tier erschaffen. Ein Gentechnik-Professor in Südkorea hat ein Duplikat seines Hundes hergestellt. Die EU will das Klonen verbieten. Es gibt auf dem Weg zu einem Klon zu viele missgebildete Embryonen, gequälte Leihmuttertiere, kranke und lebensunfähige Doppelgänger. Dolly war auch erst im 277sten Versuch entstanden. In den USA dagegen verdient man inzwischen viel Geld mit geklonten Sportpferden und wertvollen Zuchtrindern.

Mal angenommen, man könnte auch Menschen klonen. Wer würde dann wohl ausgesucht werden? Es müssten ja besonders gute, intelligente, kreative oder schöne Menschen sein, möglichst perfekt. Kein Wunder also, dass bei Umfragen oft Albert Einstein, Mozart und Marilyn Monroe genannt werden. Marilyn Monroe hat – Selbstmord begangen. Den sollte man vielleicht eher nicht klonen. Albert Einstein hat sich am Ende seines Lebens gewünscht, als Hausierer gelebt zu haben und auch Mozart zählt eher zu den unglücklichen Genies. Man sieht: Weltruhm ist nicht alles, und dunkle Seiten gibt es in jedem Leben.

Wir Menschen sind nun einmal nicht perfekt, sondern lauter Unikate. Gerade unsere Individualität und unsere Defizite machen uns zu unverwechselbaren Menschen. „Wir sind allesamt Sünder“, sagt der Apostel Paulus (Röm 3,23). Unvollkommen und mit Fehlern, frei und aufgerufen Gutes zu tun. Was nicht immer klappt. Aber gerade mit all unseren Stärken und Schwächen sind wir akzeptiert, gewollt und geliebt von Gott. Jeder ein unwiederholbares Einzelstück. Gleich sind wir nur in der Würde, die uns der Schöpfer schenkt.

Dolly, das erste Klonschaf hat nicht lange gelebt. Schafe können bis zu 20 Jahren alt werden. Dolly brachte es gerade einmal auf sechs. Nach einer Lungenkrankheit musste sie eingeschläfert werden. Heute steht sie, für mich als Mahnmal, ausgestopft im schottischen Nationalmuseum in Edinburgh.