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Schmidt, Dr. Joachim

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Darmstadt

Die Wand und die Tür

Die Wand und die Tür

Wie heißt es doch so verheißungsvoll in allen möglichen Ratgebern? „Lebe deinen Traum!“ Klingt gut, klappt aber meistens nur auf der Kinoleinwand. Im Gegenteil, jeder kennt die Erfahrung, dass alles im Zweifel ganz anders kommt. Der französische Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal hat das einmal in den bissigen Satz gefasst: „Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, erzähle ihm von deinen Plänen!“

Natürlich braucht jeder eine Idee davon, wie sein Leben aussehen soll. Die allermeisten Menschen arbeiten geduldig daran, dass es für sie in die richtige Richtung geht. Aber eine Erfolgsgarantie gibt es nicht. Und jeder kommt irgendwann an einen Punkt, an dem es erst einmal nicht mehr weitergeht. Was dann? Die Brechstange ansetzen?

Wer mit dem Kopf durch die Wand will, wird erleben, dass im Zweifel die Wand stärker ist. Wer sich von der Wand in seinem Leben persönlich beleidigt fühlt, wird es schwer haben, neuen Mut zu fassen. Wer aber klug ist, wird ein paar Schritte zurück treten und beginnen, in der Wand eine Tür zu suchen, hinter der es weiter geht.

Das ist nicht leicht, denn es ist auch oft ein schmerzlicher Abschied von manchem Lebens-Traum. Eingefahrene Gedankenwege zu verlassen und sich für andere, neue Perspektiven zu öffnen, kann elend anstrengend sein. Aber das Leben ist auch keine Einbahnstraße, in der Wenden verboten ist.

Ich finde es immer wieder interessant: Nach dem christlichen Glauben sagt Gott besonders denen seine Begleitung zu, die an Wendepunkten ihres Lebens stehen und umkehren möchten. Dazu gibt es ein kluges Gebet aus Amerika:

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.