hr1 ZUSPRUCH
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Vorländer, Martin

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer und Senderbeauftragter für den DLF, Frankfurt

Meditieren in der S-Bahn

Jan meditiert jeden Tag. Auf den ersten Blick sieht er gar nicht so aus, als hätte er eine ausgeprägte spirituelle Ader. Er ist ein sportlicher Typ, Teamleiter in einem Unternehmen, Familienvater.

„Ich habe nach etwas gesucht, womit ich im Alltag gelassener werden kann“, erzählt Jan. Er hat christliche Meditation gemacht und auch Übungen aus dem Zen-Buddhismus ausprobiert.

Das Ziel ist bei beiden Formen der Meditation ähnlich, findet Jan. Es geht darum, den Blick nach innen zu richten, aus der Hektik zur Ruhe zu kommen. Jan beschreibt das so: „Ich lasse die Gedanken zu, die aufsteigen. Ich bewerte sie nicht, ob sie gut sind oder schlecht. Und ich halte sie nicht fest, sondern lasse sie weiterziehen.“

„Mir hilft das auch in meinem Job“, sagt Jan. „Mich nicht aufregen über das, was aufschlägt, sondern es erst einmal so nehmen, wie es ist. Das hilft, achtsam zu sein für mich selbst, für meine Kollegen und für meine Kunden.“

Wie schafft er es zu meditieren – an einem vollen Arbeitstag einschließlich Familienleben? Er macht das in den 17 Minuten S-Bahn-Fahrt von der Firma nach Hause. Da hat er meistens einen Sitzplatz. Er setzt sich so, dass die Füße parallel nebeneinander stehen. Die Fußsohlen haben gleichmäßig Kontakt zum Boden.

Er konzentriert sich darauf, den Rücken gerade und den Kopf aufrecht zu halten. Die Augen sind halb geschlossen, halb offen. Dadurch richtet sich die Aufmerksamkeit nach innen – aber man dämmert dabei nicht weg und schläft nicht ein.

„Probieren Sie das mal aus“, sagt Jan. „Nur zehn Minuten so zu sitzen, das ist anstrengend. Meditieren ist nicht einfach nur Entspannung. Es ist Konzentration. Es schärft die Aufmerksamkeit. So eine Auszeit jeden Tag tut mir gut – und wenn es nur die 17 Minuten S-Bahn-Fahrt sind.“