Von der Sehnsucht nach Größe
Über 6 Millionen Menschen schauen spätabends noch im Dschungelcamp vorbei, das der Fernsehsender RTL in Australien eingerichtet hat und überträgt. Zwei Wochen kämpfen dort elf Menschen darum, der oder die Größte zu sein, wichtig zu sein und wertvoll. Gewinnen ist für Menschen wichtig, wie schon bei Kindern zu beobachten ist, wenn sie miteinander spielen. Der oder die Größte zu sein bedeutet Menschen viel - längst nicht allen, aber doch etlichen. Und wer einmal prominent war und es heute vielleicht nicht mehr ist, vermisst etwas im Leben und ist froh, wenigstens noch ins Dschungelcamp eingeladen zu werden. Wer ist der Größte, Wertvollste, Klügste? Diese Frage beschäftigt Menschen. Zu Recht. Niemand ist gerne eine graue Maus, jeder und jede will auffallen und sucht das Besondere, Einzige – das also, was ihn oder sie unverwechselbar macht.
Nun können nicht alle ins Dschungelcamp oder zu einer der vielen Castingshows. Manche wollen das auch nicht und möchten trotzdem groß rauskommen. Für die gibt es auch einen Rat: Wer groß sein will, soll dienen. Jesus hat das gesagt. Er stellt einfach mal die Welt auf den Kopf und denkt gegen den Strich. Groß ist nicht, wer alles kann und gut aussieht und dazu noch singt oder spielt. Die werden vielleicht berühmt. Groß sein kann aber auch, wer nie berühmt wird, dafür aber tut, was alle können, wenn sie es nur wollen - nämlich lieben.
Ich gebe zu, das ist ein schwacher Trost für alle, die unbedingt ins Rampenlicht wollen und auf rote Teppiche. Die sollen es ruhig weiter versuchen. Die Welt staunt gerne über die Menschen, die es ins Scheinwerferlicht schaffen. Dringend gebraucht aber werden in der Welt sehr viel mehr Menschen, die ihre Größe durch stille Dienste zeigen, durch alltägliche Liebe, Fürsorge und Verzeihen. Vor allem da, wo Liebe nicht so leicht fällt und viele sagen: Der oder die hat Zuwendung doch gar nicht verdient.
Wer liebt, kommt auch eines Tages groß raus. Spätestens im Himmel.