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Becker, Michael

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Kassel

„Ich sehne mich nach Normalität!“

„Ich sehne mich nach Normalität!“

Am vergangenen Dienstag hat Magdalena Neuner angekündigt, dass sie mit dem Sport aufhören will und am Ende dieser Wintersaison ihre Biathlon Karriere beendet. Magdalena Neuner sagt: „Ich sehne mich nach Normalität.“ Pfarrer Christoph Busch hat sich übers Aufhören Gedanken gemacht und darüber, und was das denn ist – ein normales Leben.

Als ich davon gehört habe, wie Magdalena Neuner ihren Abschied angekündigt hat, hab ich gedacht: es muss etwas geben, was mehr ist als alles, das man erreichen kann.

Denn die Biathletin hat doch wirklich alles, wovon andere nur träumen – Erfolge, Titel, vielfache Weltmeisterin, überhäuft mit Anerkennung, beliebt ist sie und – man sieht es auf den Fotos – Magdalena Neuner ist eine schöne Frau.

Sie hat viel von dem, was andere niemals erreichen werden. Trotzdem sagt sie: „Mich hat das aufgeregt, dieses Goldmädel zu sein.“ Und dann kommt bei ihr wieder das mit der Normalität: „Dieses normale Familienleben ist mir wichtig.“

Ich hab mich gefragt: ob sie das schaffen wird, das normale Leben zu ertragen?

Denn die Wahrheit ist doch: im normalen Leben fällt vielen die Decke auf den Kopf. Einer hasst seinen Alltag, weil er ihn wie eine Fessel empfindet und weiß nicht, wie er da herauskommt. Ein anderer sagte früher immer: mein Leben ist eine einzige Tretmühle. Aber jetzt wo er in den Ruhestand geht, bekommt er es mit der Angst zu tun. Was soll er machen – ohne die Tretmühle seiner beruflichen Normalität?

Seit Jahren gehört Magdalena Neuner in die Reihe der ganz Großen im Sport. Viele schauen zu diesen Großen auf, und sind stolz auf sie.

Möchte Magdalena Neuner nun herunter von dieser Höhe und möchte sie wirklich ein normales Leben führen? Ja, sagt sie, das will ich.

Ich glaube, der Zwang, sich oben halten zu müssen, nimmt am Ende die Luft zum atmen. Und der permanente Druck, gut sein zu müssen, zerstört, was einem doch auch wichtig ist im Leben.

Die Biathletin sagt, was für sie mehr ist, als alles, was sie erreichen kann: sie möchte an dem Ort sein, an dem die Menschen leben, die für sie wichtig sind. Sie möchte Neues erwarten und Neues erleben können. Und sie will ihre eigenen Lebensträume ernst nehmen und – nicht immer die Beste sein müssen.

Normalität wird zum Glücksfall, wo jemand versucht, vielseitig und aus sich selbst heraus zu leben.

Jetzt hat Magdalena Neuner gesagt. „Ich will wieder einmal die Adventszeit erleben, was ich 10 Jahr lang nicht konnte.“ Ich finde, das ist tatsächlich ein Wunsch, den man sich erfüllen sollte.