hr1 ZUSPRUCH
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Becker, Michael

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Kassel

Geh‘ den besseren Weg

Geh‘ den besseren Weg

Für mich ist es eine der schlimmsten Nachrichten des Jahres: 1/3 aller Lebensmittel auf der Erde werden weggeworfen. Das muss man sich mal vorstellen - 1/3 aller Lebensmittel... Milliarden von Menschen in Afrika und Asien hungern, und der Rest der Welt wirft Nahrungsmittel weg: Schulbrote, Ernteüberschüsse, Inhalte von Kühlschränken, verdorbene Ware, weil viel zu viel hergestellt wird - also buchstäblich Berge von Lebensmitteln, die den Hungern stillen könnten. Einfach weg, vernichtet, verbrannt, auf den Müll. Als ich das höre, denke ich noch: Das darf doch nicht wahr sein. Aber es ist wahr. Bitter wahr.

Jetzt gibt es nur eins, denke ich dann. Größte Vorsicht beim Einkauf; größte Behutsamkeit beim eigenen Kühlschrank. Ich muss den ja nicht vollpacken und dann alles wegwerfen, was abgelaufen ist. Ich muss nicht mehr Brote schmieren, als dann gegessen werden auf dem Schulhof oder in der Mittagspause. Und ich muss im Kindergarten, in der Schule und im Büro davon erzählen, dass man Nahrungsmittel einfach nicht wegwerfen darf. Ich bin noch so erzogen worden, weil die Zeiten des Hungers früher eben noch ganz nahe waren. Heute ist das anders. Heute wird in der ganzen Welt viel mehr hergestellt, als gebraucht wird und jemals verkauft werden kann: Getreide, Früchte, Milch. Dann gibt’s oft nur eins: weg damit. Und das ist Sünde, sagte meine Oma immer zu mir.

Das gibt es wirklich: Sünde. Falscher Umgang mit Gottes Geschenken kann Sünde sein. Reichtum und Wegwerfen auf der einen Seite der Erde und Hunger auf der anderen Seite - wenn das keine Sünde ist, dann weiß ich nicht, was Sünde sonst sein soll. Da gibt es nur eins: Ich prüfe mich, wie ich selber dazu beitrage. Und ändere auf der Stelle, was ich ändern kann, schon an den Feiertagen. Es ist nicht angenehm, wenn man merkt, dass man falsch lebt. Es ist aber schlimm, wenn man das dann nicht ändert. Das Gute an Gott ist, dass er mich mit solchen Nachrichten immer bittet: Klage nicht lange über die Zustände der Welt, schau einfach auf dich, wie du dazu beiträgst; und dann: Geh‘ den besseren Weg.