Eine luxuriöse Wochenendbeziehung
Seit 10 Jahren sind sie ein Paar. Aber sie sehen sich nur am Wochenende. Noch nicht einmal an jedem. Er wohnt in Frankfurt. Sie in Dresden. Und weil beide beruflich ständig unterwegs sind, gelingt es ihnen auch ab und zu, sich während der Arbeitswoche zu einem Kaffee auf einer Autobahnraststätte oder einem gemeinsamen Abend in einem Hotel in Leipzig zu verabreden.
Die gemeinsame Zeit ist knapp. Und deshalb besonders kostbar und will gut genutzt sein. Schon am Mittwoch beginnen die Planungen: Freitagabend Theater, Samstag bei gutem Wetter Frühstück am Elbufer oder – wenn in Frankfurt – ein gemeinsamer Ausflug in den Taunus. Vielleicht auch ein entspannter Nachmittag in der Therme. Kritische Themen, die man diskutieren müsste, umgehen sie. Sie wollen es sich gemeinsam so richtig gut gehen lassen. Da sind Auseinandersetzungen nur störend.
Vor Jahren hatten sie noch den Traum, dass es einmal anders wird. Eine gemeinsame Wohnung. Sich täglich sehen. Und abends einfach mal vor dem Fernseher oder bei guter Musik abhängen.
Als sich beruflich die Möglichkeit ergab, haben sie ihren Traum verwirklicht. Aber das ging nur ein Jahr lang gut. Sie scheiterten nicht daran, dass ihnen die Liebe ausging. Sie scheiterten an Kleinigkeiten. Ob die Fenster einmal im Monat oder einmal im Vierteljahr geputzt werden müssen. Ob Bügeln überhaupt nötig ist. Und: Sie haben sich plötzlich ganz anders gesehen als sie es gewohnt waren. Verschwitzt. Verschnupft. Verschlafen. Ohne Lust auf irgendwas oder irgendwen. Ihre gemeinsame Zeit wurde etwas Normales. Irgendwie gewöhnlich. Und das sollte ihre Beziehung nicht werden.
Jetzt leben sie wieder Frankfurt und in Dresden. Und sagen: „Es geht uns gut“. Irgendwann wollen sie Kinder haben und Familie sein. Aber sie wissen eigentlich nicht wie und wo.
Ob sie irgendwann begreifen, dass auch das Alltägliche kostbar sein kann? Dass es zur Liebe gehört, auch Konflikte auszutragen und an ihnen zu wachsen? Und dass der Spruch von den gemeinsamen guten und schlechten Tagen nicht irgendeine sprachliche Hochzeitsgirlande ist, sondern pure Lebenswirklichkeit