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Becker, Michael

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Kassel

Die größte Macht der Welt

Die größte Macht der Welt

Er sei „vom Himmel geboren“, sagen sie. Meinen aber nicht Jesus, in Bethlehem geboren. Sie meinen Kim Jong Un, den neuen starken Mann in Nordkorea. Seltsam, finde ich. Dieses Land, das kaum ein Mensch kennen lernen soll und in dem Gott oder der Himmel sonst keine Rolle spielen dürfen, braucht so ein Märchen. Es reicht Nordkorea nicht, dass ein neuer Diktator die Bühne betritt. Er braucht noch eine himmlische Geschichte um sich herum. Er darf nicht einfach auf die  Welt gekommen sein wie jeder andere, nein, er muss „vom Himmel geboren“ sein. Wie bei seinem verstorbenen Vater, bei dessen Geburt ein doppelter Regenbogen geleuchtet haben soll, wie Nordkorea behauptet. Der düstere Alltag genügt nicht, sie brauchen einen Mythos, und sei der noch so bizarr.

Die Welt genügt sich nie. Eben darum wurde Jesus geboren. Ein kleiner Himmel auf der großen Erde. Auch um Jesus und seine Geburt ranken sich Legenden. Aber nicht, um aus Jesus einen Diktator zu machen. Auch wenn man alles Mögliche behauptet und erzählt ‐ die Frage bleibt: Warum erfindet und erzählt man sich das? Damit Menschenverächter einen besseren Ruf haben? Oder um Liebe auf den Weg zu bringen? 

Bei Jesus geht es um Liebe. Das unterscheidet seine Geschichte von allen Herrschern dieser Welt. Jesus will nicht beherrschen, sondern lieben. Er nutzt nicht Fäuste oder Soldaten, sondern Mitgefühl. Er will nicht, dass ich Angst vor ihm habe, sondern ihm vertraue. Als über seiner Krippe in Bethlehem ein Stern leuchtet, rasseln keine Säbel und behaupten: Hier liegt der Mächtigste. Der Stern von Bethlehem erzählt etwas anderes: An diese Krippe kommen Könige nur, um niederzuknien und Herrschaft  abzulegen. Das geschieht dann auch. Wer Jesus in der Krippe sieht, Josef und Maria still daneben, verliert die Lust auf Gewalt und Unterdrückung. Liebe mag leise sein, ist aber größer als alle Macht der Welt.