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Man muss auch gönnen können
Bild: Filadendron_GettyImages

Man muss auch gönnen können

Uwe Groß
Ein Beitrag von Uwe Groß, Katholischer Diakon, Pfarrei St. Peter und Paul, Wiesbaden
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„Man muss auch gönnen können“, das sagt man gerne in Köln – aber das gilt auch anderswo, besonders beim Sport: Mich beeindrucken Sportler, die einem Mitkonkurrenten zu dessen Goldener Medaille freundlich gratulieren können. Mich beeindrucken Sportlerinnen, die sich an einem fünften oder siebten Platz erfreuen können und die sagen, das sei viel mehr als sie je erwartet hätten. In dieser Freude über einen Nicht-Medaillen-Platz steckt ja die Einsicht: Es gibt nicht nur „alles oder nichts“, sondern eben auch noch was dazwischen.

Ich muss nicht immer der Beste sein

„Man muss auch gönnen können“. Ich finde, das ist eine ganz sportliche Haltung, die ich auch durch Sport erlernt habe. Vielleicht habe ich diese Haltung auch nur deswegen gelernt, weil ich schon genügend oft verloren habe, als Judoka in meiner Jugend, als Schachspieler im Verein, als Hobbykicker auf dem Fußballplatz, bei Gesellschaftsspielen in der Familie. Natürlich will ich immer gewinnen, das gehört doch beim Spielen dazu, und ich kann mich über Leute aufregen, denen es egal ist, ob sie gewinnen oder verlieren. Aber ich hab eben auch gelernt, einzustecken und nicht immer der Beste zu sein. Ich finde, das kann man bei Sport oder Spielen wunderbar erlernen, und das kann ich natürlich auch auf mein Leben übertragen.

Aus der „Alles oder Nichts“-Haltung aussteigen

Schon in der Schule gab es bei mir Fächer, die ich ganz gut konnte, wie Geschichte, Religion oder Deutsch, und Fächer, die ich nur mit Mühe und Not geschafft habe, vor allem Chemie und Sport. Und auch beruflich habe ich die ein oder andere Stelle nicht bekommen, um die ich mich beworben habe. Bei all diesen Erfahrungen habe ich gelernt: Es bringt mir gar nichts, mich darüber aufzuregen, dass ich nicht so gut bin wie ein Mitkonkurrent. Der eine kann eben dies und der andere das, und manchmal stehe ich auf dem Siegertreppchen, und manchmal reicht es nur für einen der mittleren Plätze. Ich weiß heute: Ich muss einfach aus dieser „Alles oder Nichts“-Haltung aussteigen. Das ist etwas, was nur frustriert.

Leichter gönnen, wenn ich selbst schon positive Erfahrungen habe

Man muss auch gönnen können. Das fällt mir natürlich leichter, wenn ich auch schon mal selber positive Erfahrungen gemacht habe. Erfahrungen, in denen ich spüre: Hier habe ich etwas erreicht. Ich bin mir sicher: Jeder und jede kennt auch solche Erfahrungen.

Ich musste lernen, anderen den Sieg zu gönnen

Anderen den Sieg gönnen zu können, das musste ich auch erst lernen und das konnte ich erst dann, als ich verstanden hatte: Ich muss nicht immer der Beste sein, um gut zu sein.

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