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Auf-Hören
unsplash/frank mckenna

Auf-Hören

Stephan Krebs
Ein Beitrag von Stephan Krebs, Evangelischer Pfarrer, Langen
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Manchmal stolpere ich über ein einzelnes Wort. Ich kenne es zwar schon lange, aber in diesem Moment entdecke ich es dann neu. So erging es mir mit dem Wort AUFHÖREN. Ein Alltagwort. Ein Fußballer hört auf und beendet seine Karriere. Ein Ehepaar hört auf sich zu streiten und findet wieder zueinander. Aufhören – ein Allerweltswort für etwas Alltägliches: etwas beenden.

In Aufhören steckt hören

Aber wenn man sich das Wort auf der Zunge zergehen lässt, stutzt man: Auf-Hören. Das ist kein eigenständiges Wort, sondern ein zusammengesetztes aus AUF und HÖREN. Was hat das Beenden von etwas mit dem HÖREN zu tun?

Aufhören heißt sich öffnen

HÖREN heißt: sich öffnen für andere und anderes. Auf-Hören ist dann mehr als nur das Beenden von etwas, sondern das Öffnen von Ohren und Geist für etwas Neues. Im Sinn von „Aufhorchen“, auf etwas neu hören. Das bedeutet: Wenn ich etwas beende, verlasse ich damit meine bisherige enge Spur - und höre neu, was los ist - um mich herum und in mir selbst. Damit lasse ich zu, dass ich Neues erfahre, dass ich irritiert werde und mich dadurch vielleicht sogar verändere.

Aufhören und gehört werden

Die Bibel berichtet von vielen Menschen, die in diesem Sinne Auf-Hören. Sie tun das stets, weil sie aus der Bahn geworfen sind, weil sie sich neu finden müssen. Und das geht offenbar nur, wenn jemand anders auf sie hört. Wenn Gott hört. Das beschreibt ein Psalm-Gebet so: „Herr, höre meine Worte, merke auf mein Seufzen! … Herr, frühe wollest du meine Stimme hören.“ Hier hofft jemand unbedingt auf eine Antwort Gottes. Und im Gebet bekommt er sie wohl auch: Denn der Psalm endet mit der Gewissheit: „Du, Gott, segnest die Gerechten, du deckest sie mit Gnade wie mit einem Schild.“[1]

Manchmal braucht es ein anderes Hören

Wer sich im Gebet an Gott wendet, unterbricht seinen Alltag und hofft auf Gottes Einbruch in sein Leben. Manchmal braucht man das. Das Aufhören, etwas beenden. Und dann das Hören auf etwas ganz Anderes. Nicht immer muss man dafür gleich Gott bemühen. Oft geht es auch etwas kleiner.

Neue Chancen

Jedenfalls: Wenn einem die Tretmühlen des Alltags zu mühsam werden, wenn einem die Probleme über den Kopf wachsen, spätestens dann muss man Auf-Hören. Besser vorher. Das eröffnet einem die Chance, das eigene Leben vor einem anderen Horizont zu sehen: Es ist nicht nur eine Reihe von mehr oder weniger mühsamen Tagen, bis der letzte eben kommt. Es steht in einem größeren Rahmen, in dem ich den Sinn meines Lebens finden kann. Das zu erkennen tut mir gut. Danach kann ich mich wieder meinen Aufgaben zuwenden.

Dieses Auf-Hören, um sich neu zu orientieren, ist auch der Sinn eines Radio-Zuspruchs sowie der Sinn der Sonntage. Morgen wieder: ein Moment zum Auf-Hören – um dann mit neuem Elan weiter machen.

 


[1] Psalm 5,2ff

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