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Ein Scheinriese als Motivationshelfer
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Ein Scheinriese als Motivationshelfer

Christoph Schäfer
Ein Beitrag von Christoph Schäfer, Katholischer Religionslehrer, Rüsselsheim
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Leider passiert mir das immer wieder: Ich schieb wichtige Aufgaben vor mir her. Statt sie einfach zu erledigen. Ich lasse zum Beispiel Formulare unausgefüllt liegen. Ich kauf Geschenke auf den letzten Drücker. Oder schleich um einen chaotischen Ablagestapel herum. Zum Glück ist das bei mir kein extremes Problem. Denn ich weiß leider von Bekannten: Aufschieberei kann eine ernste seelische Störung sein. Dann können nur Fachleute helfen. Bei mir ist dieses Prokrastinieren, also Aufschieben, eher eine Alltagsmarotte. Trotzdem kann sie auf die Nerven gehen. Nicht nur mir. Sondern vor allem auch Leuten, die mit mir zu tun haben. 

Sie ist gar nicht so schwer

Heute wollen viele Menschen in Amerika ganz bewusst etwas gegen dieses Problem tun: Der 6. September ist dort der Anti-Prokrastinations-Tag. Als ich das gehört hab, hab ich gedacht: Da mach ich auch hier in Hessen mit. Ich will einen neuen Anlauf nehmen, um meine Aufschieberei besser in den Griff zu kriegen.

Das könnte klappen. Denn ich weiß ja letztlich: Beim Aufschieben geht es oft nicht um Faulheit, sondern um Angst vor der Aufgabe. Aus Perfektionismus. Wenn ich etwas vor mir herschieb, lieg ich nur selten faul auf dem Sofa. Sondern racker mich an nebensächlichen Stellvertreter-Aktionen ab. Wenn ich mich dann doch an die eigentliche Aufgabe herantrau, stell ich oft fest: Sie ist gar nicht so schwer, wie ich gedacht hab.

Nur aus der Ferne groß

Wie kann ich das bloß mir selber klarmachen? Mir ist dazu als Gedankenhilfe die Figur des „Scheinriesen“ im bekannten Kinderbuch „Jim Knopf“ von Michael Ende eingefallen: Dort wird erzählt: Der freundliche Scheinriese namens Tur Tur lebt einsam in der Wüste, weil sich viele Menschen vor seiner scheinbaren Größe fürchten. Und Abstand halten. In Wirklichkeit ist er aber nur aus der Ferne groß. Wenn man sich ihm nähert, wird er immer kleiner. Bis man schließlich auf ihn trifft und feststellt: Er ist in Wirklichkeit ganz gewöhnlich groß.

Auf ein Normalmaß schrumpfen

Den Scheinriesen will ich jetzt mal als geistigen Wegbegleiter nehmen, wenn ich meine Aufschiebe-Marotte angehe. Und Aufgaben einfach mal ohne Ausflüchte erledigen will. Der Gedanke tut mir jetzt schon gut, denn ich kann mir vorstellen: Viele Aufgaben werden ganz genauso auf ein Normalmaß schrumpfen, wenn ich mich ihnen nähere. Hauptsache, ich bin nicht zu perfektionistisch. Und fang einfach an.

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