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"Wehret den Anfängen!"
Bildquelle: pixabay

"Wehret den Anfängen!"

Andrea Maschke
Ein Beitrag von Andrea Maschke, Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf
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Janusz Kaczorowski, Briefträger, geb. am 05. Juni1926 in Warschau in Polen, gestorben am 26. Februar 1945 in Frankfurt

Gestorben als Zwangsarbeiter im Alter von 18 Jahren in Frankfurt

Hinter diesen dürren Lebensdaten verbirgt sich ein ganzes Menschenleben, ein viel zu kurzes Leben, denn Janusz Kaczorowski ist im Altern von 18 Jahren gestorben. Und es war kein natürlicher Tod, sondern ein Verbrechen, denn er starb als Zwangsarbeiter und Häftling im Konzentrationslager Katzbach, dem KZ in den Frankfurter Adlerwerken, mitten in Frankfurt im Stadtteil Gallus.

Begraben im Gemeinschaftsgrab auf dem Frankfurter Hauptfriedhof

In der Zeit vom August 1944 bis zum März 1945 lebten dort insgesamt 1616 Häftlinge. Sehr wenige überlebten, die allermeisten wurden ermordet, starben an Hunger, Kälte, Krankheit und schwerer Arbeit oder kurz vor Kriegsende auf dem Transport im Viehwaggon nach Bergen-Belsen oder auf dem Todesmarsch nach Buchenwald.

Und einer davon ist Janusz Kaczorowski. Er liegt im Gemeinschaftsgrab auf dem Frankfurter Hauptfriedhof begraben.

Alle diese Menschen hatten Namen, Familien und Träume

Damit gehört Janusz zu den Millionen Menschen, an die heute, am Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus erinnert wird. Und alle diese Menschen hatten Namen, Familien, Lebensgeschichten und Träume.

Hätte er überlebt, wäre er heute 95 Jahre alt

Wäre die deutsche Geschichte anders verlaufen, dann wäre Janusz heute 95 Jahre alt. In den Altenheimen, in denen ich arbeite, erreichen immer mehr Menschen so ein hohes Alter.

Ich werde an Janusz erinnern

In ein paar Wochen werde ich auf ein großes Schild schreiben: „Ich erinnere an Janusz Kaczorowski, Briefträger, geboren am 05. Juni1926 in Warschau in Polen, gestorben am 26. Februar 1945 in Frankfurt“.

Der Todesmarsch quer durch Hessen jährt sich zum 77. Mal

Am 19. März werde ich dann mit diesem Schild gemeinsam mit vielen anderen Menschen am Mainufer stehen, coronabedingt mit gebührendem Abstand. Dadurch wird die Menschenkette noch länger, als sie sonst schon wäre. Am 19. März jährt sich der Todesmarsch vom Konzentrationslager Katzbach in Richtung Buchenwald zum 77. Mal. Der Marsch ging quer durch Hessen, über Maintal, Hanau, Schlüchtern, Fulda bis nach Hünfeld. Von Hünfeld aus wurden die, die den Marsch überlebt haben, in Güterwaggons nach Buchenwald gebracht.

Niemand wird vergessen – noch sind nicht alle Namen vergeben

Alle 1616 Namen der KZ Häftlinge sollen genannt werden, niemand wird vergessen. Noch sind nicht alle Namen vergeben und gerne dürfen sich Interessierte noch bei der Gedenkinitiative melden. (https://www.lagg-ev.de/gedenken)

Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit

Ich denke auch schon heute besonders an Janusz Kaczorowski. Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Darum wurde das heutige Datum zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. In ganz Deutschland finden heute Erinnerungsveranstaltungen statt.

Wachsam bleiben und nicht wegsehen

Erinnern, das heißt: nicht vergessen, es heißt aber auch: wachsam bleiben im Kopf und im Herzen, nicht wegsehen, wenn jetzt Menschen ihrer Würde beraubt werden. Das ist wie ein Erbe, das mir mitgegeben wird und mir viel bedeutet. 

Unvergessen eingebunden in den Bündel des Lebens

„Unvergessen“ steht manchmal auf unseren Grabsteinen. Auf jüdischen Friedhöfen habe ich schon gelesen: „Ihre Seelen seien eingebunden in den Bündel des Lebens“. Das hoffe ich auch für Janusz Kaczorowski und all die anderen.

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