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Steppenwolf: Born to be wild
Bild: engin_akyurt_pixabay

Steppenwolf: Born to be wild

Stefan Herok
Ein Beitrag von Stefan Herok, katholischer Pastoralreferent i.R. in der Pfarrei St. Bonifatius, Wiesbaden
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Songtext "Born To Be Wild" und Übersetzung

Guten Morgen!

Wenn Sie jetzt in gemütlicher SonntagMorgenidylle noch mit einem der drei großen „Bs“ beschäftigt sind: Bett, Bad oder Breakfast, dann muss ich Sie warnen: Ich nehme Sie gleich mit mitten hinein in einen der kraftstrotzendsten RockSongs der Popgeschichte!

„Beine machen“

Vokabular und musikalische Umsetzung haben das Zeug uns ganz hübsch „Beine zu machen“! Das „Raus in die Natur“ unserer Sommerreihe kommt hier mit heftigster Sechzigerjahre-FreiheitsSehnsucht und mit der MotorradPower wilder Jungs auf ihren Feuerstühlen angebraust und rauscht in unseren Sonntag! Achtung:

Weltberühmt durch den Kultfilm „Easy Rider“

Der Kultfilm „Easy Rider“ hat 1969 „Born to be wild“ als LebensLustHymne weltberühmt gemacht. Ein Jahr vorher hatte die Rockband „Steppenwolf“ den Song herausgebracht. Er hat eine enorme Kraft und eine Botschaft, von der ich Ihnen hier gerne erzählen möchte. Außerdem ist im SongText der begriffliche GeburtsMoment von „Heavy metal“ versteckt!

Inspiriert durch ein unbändiges Freiheitsgefühl

Autor und Komponist ist der kanadische Musiker Mars Bonfire, mit bürgerlichem Namen Dennis Edmonton. Er selbst hat nie bei „Steppenwolf“ gespielt, nur sein Bruder. Aber er hat einige Lieder für die Band geschrieben. Wie er erzählt, inspirierte ihn zu diesem Song ein MotorradWerbePlakat, das er in Los Angelos gesehen hatte: Unter dem Bild eines explosiv durchstartenden Motorrades stand der Satz: „Born to ride!“ (Unsere deutsche Sprache gibt nur ungenügend wieder, dass man ein Motorrad, diesen „donnernden FeuerStuhl“ nicht einfach fährt, sondern „reitet“.) Weitere Inspirationsquelle sei sein unbändiges Freiheitsgefühl gewesen, als er mit seinem ersten eigenen Auto über die Highways brauste.

Die Melodie dreht langsam auf wie ein Motorrad

Mit eingängigen, sich wiederholenden GitarrenRiffs und starken SchlagzeugBeats dreht die Melodie im Song langsam auf, als wäre sie selbst ein Motorrad. Dann setzt die Stimme des Sängers ein… Ich erkläre später, warum ich den Text etwas eigenwillig übersetze…

Ungebremst und ungestüm katapultieren wir uns ins All

„Schmeiß deine Maschine an,
raus auf den Highway,
kopfüber ins Abenteuer,
wo und wie auch immer es uns begegnen wird.

Ja, mein Lieber, wir lassen es krachen,
nehmen uns die Welt zur Brust,
ungebremst und ungestüm
katapultieren wir uns ins All.

Ich liebe Abgaswolken und Zündfunken,
den heavy metal-Donner von schwerem Metall,
das Rasen in Windgeschwindigkeit
und das irre Gefühl, das mich dabei übermannt“

„Ja, mein Lieber, wir lassen es krachen,
nehmen uns die Welt zur Brust,
ungebremst und ungestüm
katapultieren wir uns ins All.“

Knapp, aber markig

Der SongText ist knapp, aber markig. Es gibt quasi zwei Refrains. Bis zum ersten Refrain sind wir jetzt gekommen. Der Text ist an sich poetischer, als ich ihn hier übersetze. Ich wollte ihm aber die eher herbe Note einer ziemlich machomäßigen Männerwelt geben. Das technik- und geschwindigkeitsaffine FreiheitsGefühl, das hier besungen wird, hat für mich männlichen Charakter. Klar gibt es längst auch „MotoradBräute“, was vom Begriff her aber immer noch ziemlich macho klingt. Und die Lust am schnellen, großen Auto und an einer offensiven, manchmal rücksichtlosen Fahrtweise ist auch bei weitem keine reine Männerdomäne mehr. Trotzdem stimmt der rauere Männerton für mich hier eher als eine poetischere und „weibliche“ Übersetzung:

…und wir verströmen uns im Weltall

„Ja, Liebste, wir lassen es wahrwerden:
nehmen die Welt in liebevolle Umarmung,
verschießen unser Pulver ungebremst
und verströmen uns im Weltall.“

Der Ausbruch der 60erJahreJugend aus der Bürgerlichkeit der Eltern

Unser PopsongSommerreihenMotiv: „Raus in die Natur“ sprengt hier jedes romantische „WandervogelIdyll“. Es geht nicht um gesunde Naturerfahrung im Grünen, es geht um fundamentale Freiheit, und zwar exzessiv. Es ist der heftige Auf- und Ausbruch der 60erJahreJugend aus der braven bis zwanghaften Bürgerlichkeit ihrer Eltern. Wesentliches Merkmal dafür ist die Lust am Rausch: Alkohol, Drogen und eben auch Geschwindigkeit.

Mit ungebremster Lebenslust die Eltern provozieren

Danach gerne LagerfeuerGlück und schlafen unter freiem Himmel, aber davor steht der Exzess. Gerne auch in „freier“ Liebe. Darin steckt als doppeltes Motiv, sich endlich ungebremste Lebenslust zu gönnen und die Elternwelt zu provozieren und zu schocken. Als „kleiner Bruder“ dieser 68erGeneration – ich war damals Elf – habe ich vieles von dieser „wilden“ AufbruchsSehnsucht selbst miterlebt. Und diese „wilde“ Stimmung, die fand im zweiten, dem eigentlichen Refrain unseres Songs ihre Kult gewordene Hymne:

Geboren, um wild zu sein

„Wie ein echtes Kind der Natur
sind wir geboren,
geboren, um „wild“ zu sein!
Wir können so hoch hinaus!
Ich möchte niemals sterben,
geboren, um wild zu sein,
geboren, um wild zu sein!“

Wenn Generationen vorher den Lebenssinn in der „Pflichterfüllung“ sahen oder in der Religion, dann sind wir jetzt: „geboren, um wild zu sein“!

Keiner setzt uns Grenzen

Auf Deutsch und Englisch das gleiche Wort. Was bedeutet es hier? Mir eröffnet sich ein ganzes Tableau von synonymen Begriffen: verrückt, toll, rasend, wüst, unbändig, ungebremst, ungezähmt, nicht zivilisiert, impulsiv, exzessiv, kühn - vor allem aber und in allem „frei“! Wild sein bedeutet hier frei zu sein! Keiner setzt mir Grenzen, keiner kann mich halten, manchmal auch ich selber nicht.

Raus aus Enge und Zwang

Mit unserem heutigen Lied setzen wir für die PopsongSommerreihe einen besonderen Akzent. „Raus in die Natur“ kann auch stehen für: Raus aus Enge und Zwang! Raus in die Freiheit!

Es hat sich viel getan seit der die 68er Studentenrevolte

Das war ein Riesenthema, damals als das Lied entstanden ist. Bei uns hat sich die 68er-Studentenrevolte daraus entwickelt, die „AufklärungsWelle“ und die „sexuelle Revolution“, die EmanzipationsBewegung und der SelbstverwirklichungsTrend, die Friedens- und die AntiAtomkraftBewegung; in den USA der Kampf gegen den Rassismus und in Südafrika das Aufbegehren gegen die Apartheit. Raus in die Freiheit! Da hat sich viel getan, seit damals. Und das finde ich gut!

Vielleicht doch weniger EgoTripp und mehr Gemeinschaftssinn?

Aber diese wilde FreiheitsSehnsucht macht mich doch auch ein bisschen skeptisch: Natürlich ist diese „kohlenmonoxydreiche AsphaltHymne“ in Sachen Ökologie und Nachhaltigkeit inzwischen grenzwertig. Ich wünschte mir heute auch manchmal wieder etwas mehr Gemeinschaftssinn und weniger EgoTripp. Und da sind noch zwei besondere Sätze:

Wilde Freiheit ist wunderbar, aber…

„Wir können hoch hinaus.
Ich möchte niemals sterben!“

Wilde Freiheit ist wunderbar. Aber manche Menschen fühlen sich erst im „Hoch-hinaus-Extrem“ richtig lebendig. Und wenn sie ihr und anderer Leute Leben aufs Spiel setzen. Z.B mit illegalen Autorennen auf öffentlichen Straßen…

Jeder hat seinen eigenen Weg in die Freiheit

Geboren um wild zu sein! Und möglichst frei! Das ist meine positive „Raus-in die-Natur-Einladung“ mit dem heutigen PopSong. Wer dieses Glück auf dem Motorrad findet, bitteschön! Für mich persönlich liegt die liebevolle Umarmung der Welt („Take the world in al love embrace“), zu der der Song einlädt, eher in einem gemütlichen Spaziergang mit Frau und Hund. Andere Leute umsegeln ganz alleine die Welt; steigen in tibetische Höhen hinauf oder fliegen mit dem Paraglider in tiefste Tiefen hinab. Aber auch mancher heutige Freiheitskampf in den Medien oder auf der Straße gehört für mich zu diesem „Raus in die Freiheit“: Für die jeweilige sexuelle Orientierung; oder (leider immer noch nötig) gegen Rassismus und gegen kriegerische Gewalt…

Also trotz leiser Skepsis: Ich finde die wilde Freiheit und den heutigen Song immer noch klasse!

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