hr2 Christmette live aus Darmstadt
Katholischer Gottesdienst an Heiligabend, 24. Dezember 2022, 22.15 - 23.15 Uhr, aus St. Ludwig in Darmstadt
Hier geht's von 22.15 bis 23.15 Uhr am 24. Dezember zum hr2 Livestream.
Den Gottesdienst zum Nachhören gibt es nach Ausstrahlung hier oben auf dieser Seite und auf hr4.de.
Informationen zu den Mitwirkenden und zur Pfarrei St. Ludwig in Darmstadt finden Sie hier.
Liturgie und Predigt: Pfarrer Dr. Christoph Klock
Begrüßung: Dr. Konrad Mußenbrock
Lesung: Annemarie Melcher
Fürbitten: Anke Thatcher
Große Orgel: Vincent Knüppe
Truhenorgel: Regionalkantor Jorin Sandau
Chor: Chor St. Ludwig - Leitung: Jorin Sandau
Solistin: Sophie Heitzmann
Musikalische Leitung: Regionalkantor Jorin Sandau
Kirchliche Redaktion: Beate Hirt, Senderbeauftragte der katholischen Kirche beim hr
Musik:
Lied zur Eröffnung: GL 770 „Heiligste Nacht!“, Str. 1 und 3
Kyrie: GL 159, „Licht, das uns erschien“
Gloria: GL 250 „Engel auf den Feldern singen“, Str. 1
Antwortgesang: „Heute ist uns der Heiland geboren“ GL 635,3 mit Versen aus Psalm 96
Halleluja: GL 174,4 und Vers / Teil aus Heinrich Schütz, „Weihnachtshistorie“
Musik in der Predigt: GL 256 „Ich steh in deiner Krippe hier“, Str. 1 und 4
Credo: GL 177 “Credo in unum Deum”
Musik zur Gabenbereitung: Camille Saint-Saens: Tollite Hostias
Sanctus: GL 199, “Heilig ist Gott in Herrlichkeit”
Musik zur Kommunion: Pastorale von Josef Gabriel Rheinberger
Danklied: GL 774 „Fröhlich soll meine Herze springen“, Str. 1-3
Schlusslied: GL 249 „Stille Nacht, heilige Nacht“
Musik zum Auszug: C. Franck - Sortie in G
Predigt:
Liebe Hörerinnen und Hörer von hr2-kultur,
liebe Schwestern und Brüder hier in Sankt Ludwig!
Wie ist es Ihnen in diesen letzten Tagen vor dem Fest ergangen? Vielleicht waren es hektische Tage voller Betriebsamkeit, um alle nötigen Vorbereitungen zu treffen. Möglicherweise gehören Sie auch zu den glücklichen Menschen, die alles rechtzeitig und in großer Ruhe erledigt haben. Ich gestehe offen: zu denen gehöre ich nicht. Umso besser kann ich mich in die besondere Lage von Maria und Josef hineinversetzen. Für sie muss es eine anstrengende Woche gewesen sein. Maria ist hochschwanger. Doch anstatt sich entspannt auf die Geburt ihres Kindes vorbereiten zu können, müssen die beiden die anstrengende Reise nach Betlehem unternehmen.
Die Vorfahren von Josef stammen von dort, das heißt, er gehört zum Geschlecht des Königs David. Und deswegen kann er sich nur dort in Betlehem in die Steuerlisten eintragen lassen. Eine echte Zumutung. Die Reise dauert mindestens eine Woche. Jeden Abend die Suche nach einem Quartier. Die beiden sind offenbar spät dran. Als sie in Betlehem ankommen, ist die kleine Stadt völlig überfüllt. Das Einzige, was ihnen bleibt, ist ein armseliger Stall auf dem Feld. Aber alles geht gut. Dort bringt Maria ihren Sohn zur Welt: Jesus. Natürlich gibt es auch kein richtiges Bett für das neugeborene Menschenkind. Maria wickelt ihren Sohn in Windeln und legt ihn in eine Futterkrippe. Die ersten Erdenmomente des Sohnes Gottes sind eine einzige Improvisation. Jetzt sind Maria und Josef erschöpft und müde. Und erleben dabei einen der ganz seltenen Glücksmomente, die Menschen im Leben haben können. Die glückliche Geburt ihres Kindes macht alle Schmerzen und Strapazen wett.
Ich stelle mir vor: Beide denken an die Botschaften des Engels, die sie bekommen haben: Maria in Nazaret, Josef im Traum. War da nicht die Rede von einem großen Herrscher, vom Retter und Heiland der Welt? Der Kontrast könnte nicht größer sein. Beide sind sie den Botschaften Gottes gefolgt und haben getan, was der Engel ihnen aufgetragen hat. Vielleicht spüren sie gerade jetzt einen Augenblick tiefen Friedens und beginnen, Gottes Traum mit zu träumen. Es ist Gottes Traum für sie, für alle Menschen.
Finde auch ich einen Zugang zum Traum Gottes? Weihnachten eignet sich nicht für Idealisierungen. Für Maria und Josef ist es eine große Herausforderung, die Verheißungen der Engel mit der Realität zusammenzubringen. Denn die Mächtigen dieser Erde schotten sich oft genug von den Menschen ab. Sie leben, streng bewacht und beschützt, in einem für viele unerreichbaren Wohlstand und genießen ihre Privilegien. Für den Sohn Gottes ist das keine Option, er setzt ganz andere Maßstäbe.
Jesus beginnt sein Leben in einer Krippe, armselig und ungeschützt, nur umsorgt von der Liebe seiner Eltern und, dessen dürfen wir sicher sein, geborgen in Gott. Sein ganzes Leben wird er in Schutzlosigkeit verbringen, er wird darauf angewiesen sein, dass Menschen ihn unterstützen, denen seine Botschaft, sein Evangelium, zu Herzen geht. Er sieht die Menschen an, wo andere gelangweilt oder hochmütig wegschauen, und gibt ihnen dadurch Ansehen. Er stellt Menschen in die Mitte, die sonst am Rand stehen. Er schenkt denen, die durch Schuld in eine Sackgasse geraten sind, einen Ausweg. Er eröffnet neue Lebensmöglichkeiten. Auch uns sieht er an und will uns heute neues Leben ermöglichen. Er lädt uns ein, seinen Verheißungen und seinem Beispiel zu folgen.
Die Hirten, die zur Krippe kommen, können mich dazu ermutigen. Sie sind nicht gerade die angesehensten Mitglieder der damaligen Gesellschaft. Ihr Ruf ist nicht der beste. Aber sie sind es, die sich vom Engel Gottes verkünden lassen: Die alten Verheißungen sind Wirklichkeit geworden. Sie stellen keine Fragen oder bleiben misstrauisch stehen. Sie hören und vertrauen. In unserer modernen Welt scheint eher Misstrauen angesagt. Sind die Hirten deswegen naiv und als Vorbilder ungeeignet? Für mich jedenfalls sind sie Vorbilder. Sie lassen sich berühren, wo ich mich lieber zurückziehen möchte, sie machen sich auf den Weg, wo ich manchmal unbeweglich bin, sie zeigen mir ihren Glauben, wo ich selbst ständig nachfrage und abwäge. Menschen wie sie können tatsächlich Mut machen, sich wie Maria und Josef auf Gott einzulassen. Sie haben erkannt: Gott lässt sich voll und ganz auf uns Menschen ein.
An Weihnachten nimmt die Geschichte Gottes mit den Menschen einen neuen Anfang. Sie ist eine Heilsgeschichte. Wir hören sie Jahr für Jahr, doch wir hören sie mit dem Wissen, wie es weitergehen wird, mit Jesus, mit der Kirche, mit der Welt. Die Welt ist noch immer ohne Frieden, voll von Leid und Gewalt. Seit Menschen die Geburt des Herrn feiern, grübeln sie über diesen Widerspruch nach. Im Stall und an der Krippe entdecke ich die Antwort Gottes: Gott will mein Leben erneuern, bewahren und vollenden. Daher sind die Worte des Engelschores kein leeres Versprechen. Die Hirten sind die ersten, die sie hören, und auch wir können sie hören, als wäre es das erste Mal: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen, die er liebt.
Ihnen allen ein friedvolles und gesegnetes Weihnachtsfest!