hr4 ÜBRIGENS
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Mecke, Norbert

Eine Sendung von

Dekan, Melsungen

Eigenlob stinkt

Eigenlob stinkt

In der Grundschule steht Deutsch auf dem Stundenplan. Die Lehrerin hat alte Sprichworte zusammengetragen. Schließlich lernt man eine Menge für´s Leben, wenn man weiß: „Ohne Fleiß kein Preis!“ oder „Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!“.

Und ein altes Sprichwort sagt: „Eigenlob stinkt!“. Da meldet sich ein Schüler: „Frau Lehrerin, hier riecht´s so, als ob sich einer von uns gerade ganz im Stillen selbst gelobt habt!“

Nun – sich ganz im Stillen loben: „Das bringt´s nicht!“ Lob will gehört werden. Nicht umsonst weiß ein weiteres Sprichwort: „Klappern gehört zum Handwerk.“ Es mag ja manchem stinken, aber so ganz ohne Eigenlob – wie stünde man da? Werbung ist doch allgegenwärtig – und die ist doch eigentlich auch nichts anderes als gut organisiertes Eigenlob. Dann kann man doch auch selbst mit seinem Können, seiner Sportlichkeit oder dem, was man erreicht hat, ein bisschen auf die Pauke hauen – oder?!

„Dass sich Bruno gerne lobet, solches halt, ich ihm für gut, denn er muss es selbst verrichten, weil es niemand anders tut.“

Traurig, wenn es kein anderer tut: das Loben. Da verkümmert Leben. Dann schon lieber eine Portion Eigenlob! Aber noch besser wäre doch, wenn wir einander mehr loben würden. Dann verlöre Eigenlob seine Notwendigkeit.

Wir können wohl gar nicht oft genug loben: unsere Kinder, die Enkel, den Partner, die Kollegen. Wer selbst weiß, wie sich der Hunger nach Anerkennung anfühlt, bringt beste Voraussetzungen mit, ihn bei anderen zu entdecken und stillen zu helfen. Übrigens:

„Nicht geschimpft ist genug gelobt!“, sollte dabei direkt aus dem Sprichwortschatz gestrichen werden. Wertschätzung darf gern etwas kreativer sein: „Ich wollte Dir das schon lange mal sagen: Deine Fürsorge tut mir gut!“ „Hat Dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass Du eine wohltuende Ausstrahlung hast?!“

Ich wette, Ihnen fallen die richtigen Worte ein, wenn Sie sich umschauen, wem in Ihrer nächsten Umgebung ein ehrlich gemeintes Lob gut tun würde. Das wäre doch etwas für diesen Sonntag! Ich glaube sogar: Es würde Gott selbst loben, denn der hat sich schließlich jede Menge Mühe gegeben bei uns, seinen so unterschiedlichen Menschen und ihren Gaben.