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Tränen des Abschieds
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Tränen des Abschieds

Clemens Weißenberger
Ein Beitrag von Clemens Weißenberger, Katholischer Pastoralreferent, Frankfurt

Thomas verlässt die Klasse, er sagt mir: Ich komme mit den Hauptfächern nicht so gut zurecht. Was er mir in der Pause ganz leise zugeflüstert hatte, war erstmal für mich. Ich habe ihn aber gefragt: Darf ich das der Klasse erzählen? Er schaute erst etwas fragend und sagte: Ja. Mit der Klasse überlegten wir: Was wünschen wir dir an der neuen Schule? Durchhaltevermögen, Mut, neue Freunde, Freude am Lernen, das gaben wir ihm auf den Weg. Am Ende der Stunde gaben wir ihm alle die Hand und sagten Tschüss. Ich konnte ihn mir genauer anschauen, seine Augen glänzten und ganz heimlich vergoss er ein paar Abschiedstränen.

Was ihm damals durch den Kopf gegangen ist – ich kann es nur vermuten. Vielleicht: Schade, dass die Zeit hier vorbei ist. Was ich hier alles erlebt habe. Ob ich meine Freunde aus der Klasse weiter treffen werde?

Ich erinnere mich, wie es war, als ich als Kind mit 9 Jahren umgezogen bin. Wir hatten ein Haus gebaut. Der Ort lag 20 Kilometer weg und es schien mir meilenweit. Einerseits war da zwar die Freude darüber, in einem Haus zu wohnen, wo ich im Garten Fußball spielen kann. Andererseits Angst, wie es in der neuen Schule wird. Noch gut erinnere ich mich an den ersten Tag. Ich stand etwas verloren auf dem Schulhof. Alle anderen Kinder wussten, wo sie hingehören, nur ich nicht. Bis ein Mitschüler, der wusste, dass ich in seine Klasse komme, zu mir kam und sagte: Auf, komm mit!

Ich war unheimlich erleichtert. Jemand sah, dass ich Hilfe brauche, jemand hat mich an der Hand genommen und mir Sicherheit in der Unsicherheit gegeben. Ich erinnere mich, wie erleichtert ich war. Er führte mich in meine neue Klasse und dort stellte mich die Klassenlehrerin vor. Und schnell fand ich neue Freunde, lernte die Namen und hatte Spielkameraden in den Pausen und am Nachmittag.

Ich wünsche mir, dass es Thomas genauso geht. Dass er bei seinem Beginn an der neuen Schule jemanden hat, der ihm die ersten Schritte dort erleichtert. Der ihm zeigt, wo alles ist. Der ihm beim Kennenlernen in der Klasse und der Schule hilft. Und ich hoffe, dass er gut zurecht kommt in der neuen Schule, vielleicht sogar Freunde findet, die ihm den Abschied leichter machen. Als er zum letzten Mal aus der Klasse gegangen ist, habe ich daran gedacht. Abschied und Anfang… gut, wenn dann jemand da ist.

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