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Klaus

Klaus

Gudrun Olschewski
Ein Beitrag von Gudrun Olschewski, Evangelische Pfarrerin, Pfungstadt

Vorsichtig holt Klaus das kleine Büchlein aus dem Karton. Nur einmal im Jahr tut er das. Es ist sein Schatz, wie er findet. Liebevoll streicht er über den Einband aus goldenem Papier. „Hier steht alles drin, was ich für meinen ‚Job’ brauche,“ sagt er und lächelt verschmitzt. In diesen Tagen darf er es auf keinen Fall vergessen. Das goldene Büchlein ist sein Markenzeichen. Klaus trägt es immer bei sich. Wenn er unterwegs ist in seinem langen roten Mantel, mit dem dicken weißen Bart, trägt er das goldene Büchlein unterm Arm.

Für ein paar Stunden ist Klaus nicht mehr der „unscheinbare“ Mann aus dem vierten Stock. Von dem kaum jemand weiß, wie ängstlich er als Kind war, wenn seine Mutter ihm wieder mal mit Knecht Ruprecht drohte. Aus diesem Grund hat Klaus auch niemals eine Rute dabei, wenn er einmal im Jahr in die Rolle des „Nikolaus“ schlüpft. Er kommt zu den Kindern, um sie mit kleinen Geschenken zu erfreuen. Sein goldenes Büchlein hilft im dabei, bei jedem das Richtige aus dem Sack hervorzuzaubern.

Seinen Namen trägt Klaus voller Stolz, besonders heute, an seinem Namenstag. Denn sein Name kommt von dem ‚Heiligen Nikolaus’, dem Bischof, der alles verschenkte, was ihm gehörte. Klaus weiß, er ist nicht dieser Bischof und hat auch nichts zu verschenken. Er wuchs auf einem Bauernhof auf und hatte neun Geschwister. Darüber, dass seine Kindheit alles andere war als wohl behütet, spricht Klaus nicht gern.

Bis heute kann er finanziell keine großen Sprünge machen. Das, was er verdient, reicht Klaus zum Leben und dazu, anderen hin und wieder eine Freude zu machen und die größte sich selbst. Das sind dann Tage wie diese, an denen er in neugierige Kinderaugen schaut und an den erinnert, dessen Namen er trägt: Der „heilige Nikolaus“, der rund um seinen Namenstag Kinder und Erwachsene mit süßen Leckereien und kleinen Geschenken erfreut. Und wenn er dann spät abends nach Hause kommt, legt er das goldene Büchlein zurück in den Karton und ist bis zum nächsten Jahr wieder – einfach nur Klaus.

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